Sarah Crumbach

Sarah Crumbach, geboren 1984, lebt in Neuss, sie ist Abiturientin und Erstwählerin.

Nun ist es also soweit. Gerade mal zwei Monate volljährig und zum ersten Mal wahlberechtigt. Und dann direkt bei der echten Bundestagswahl. Stellt sich natürlich erst mal die Frage, ob ich meine Stimme überhaupt abgeben möchte. Ja, das will ich. Dann hat man hinterher wenigstens das Recht zu meckern. Mir aber darüber klar zu werden, wem ich sie gebe, war weit schwieriger und erforderte einiges Durchhaltevermögen.

Versuch mal jemanden zu finden, der dich ohne eigene Interessen über Politik oder Parteien informiert. Es gibt niemanden, zumindest habe ich keinen gefunden. In der Schule konnte ich oft nur durch Flucht der Gefahr entgehen, von den zahlreichen Junge Union-Anhängern in unserer Stufe rekrutiert oder vom einzigen Hardcore-Kommunisten unserer Schule zum Attentat auf den Bürgermeister überredet zu werden. Sogar einige Lehrer versuchten uns mit plumpen politische Botschaften (»Die CDU hat doch schon viel für unsere Stadt getan«) zu manipulieren. Das gab dann jedesmal Diskussionen, bei denen die selben verfeindeten Personen immer wieder ihre Standardsprüche von sich gaben. Mir verging schnell die Lust, an diesen vorhersehbaren Schlagabtäuschen teilzunehmen.

In den Parteiprogrammen erfährt man auch nicht viel mehr. Aussagen wie: »Wir sind für weniger Arbeitslosigkeit« oder »Weniger Steuern – Mehr Geld für alle« stimme ich ja zu, aber Entscheidungshilfen sind sie nicht.
Es ist ja nicht so, als ob ich völlig orientierungslos an die Sache rangegangen wäre (man kann schließlich nicht Stoiber wählen, wenn die erste Lieblingsband »Die Ärzte« waren). Ich wollte mich nur möglichst ohne Voreingenommenheit schlau machen. Nach den Versuchen von allen Gruppen, mich auf ihre Seite zu ziehen und den leeren Aussagen der Köpfe im Fernsehen, konnte ich irgenwann auch verstehen, dass einigen meiner Freunde Politik völlig egal ist (»Ich wähl das, was mein Opa sagt«). Andererseits hat es mein Verlangen gesteigert, doch noch das Beste herauszusuchen.

Da ich mich mit Wirtschaft nicht so gut auskenne, waren soziale Themen für mich ein wichtiger Punkt. Beim Thema Ausländer-, Umwelt- und Jugendpolitik blieben nur noch die Regierungsparteien übrig. Meine weitere Entscheidung war dann sehr von Personen abhängig. Es geht ja schließlich um Vertrauen. Und da hab ich mir einfach den ausgesucht, bei dem ich mich am wenigsten verarscht fühle und der noch einigermaßen echt rüberkommt. Und das ist Joschka Fischer.

Die Politik der Grünen finde ich in sofern »besser« als die der SPD, da sie doch immer noch an umstrittene Themen erinnern, wie z.B. den Atomausstieg, der ja letztendlich ohne sie niemals auf den Tisch gekommen wäre. Naja, das war also meine Entscheidung, und falls noch jemand gute (nicht gut gemeinte) Ratschläge in Sachen Politik für mich hat, bitte ich darum, sie mir zukommen zu lassen.