Ökonomischer Backlash

Dem Flughafen Köln/Bonn geht es schlecht, die Passagierzahlen sinken. Wer deswegen auf weniger Fluglärm hofft, hofft vergebens. Die Signale stehen auf Nachtflug.

Der Konrad-Adenauer-Airport ist mal wieder öffentliches Thema in Köln. In der Flughafen Köln/Bonn GmbH (FKB) wird um die künftige Ausrichtung des Unternehmens gestritten und auch NRW-Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold (SPD) weiß mit konkreten Vorstellungen von den Entwicklungspotentialen Köln/Bonns für Aufregung zu sorgen.
Schwanhold hatte bei einem Besuch der US-Zentrale des Frachtunternehmens UPS gemeinsam mit FKB-Chef Michael Garvens für den Ausbau des Flughafens zum Logistikzentrum mit angegliederten Fertigungsstätten geworben und anschließend erklärt, er halte die Nachtflugbeschränkungen und Lärmschutzmaßnahmen für ausreichend. Garvens wiederum betreibt derweil den Ausbau von Köln/Bonn zum Drehkreuz für Billigfluglinien. Virgin Express und die Lufthansa-Tochter Eurowings sind schon fest gebucht, die TUI wird mit ziemlicher Sicherheit hinzustoßen. Doch es gibt auch andere Überlegungen.

Nachts für Frankfurt fliegen

Eine Studie des Verkehrswissenschaftlers Herbert Baum von der Uni Köln legt die Kooperation der Flughäfen Köln und Frankfurt (Fraport AG) nahe: FKB könne die Kapazitätenprobleme von Fraport ausgleichen und gleichzeitig sein Passagieraufkommen erhöhen. Baum spricht sich allerdings gegen Billigflieger aus, was den Aufsichtsratsvorsitzenden der FKB, Klaus Laepple, veranlasste öffentlich den Kurs Garvens zu kritisieren. Während sich der Chef der Kölner CDU-Ratsfraktion, Rolf Bietmann gleich zu Beginn des Konflikts mit dem Hinweis hinter Garvens stellt, man müsse aufpassen nicht nur den Nachtflugverkehr von Frankfurt abzubekommen, äußerte OB Fritz Schramma bereits, es handele sich bei den Äußerungen Garvens und Laepples nur um »scheinbar unterschiedliche Aussagen«. CDU-Parteichef Richard Blömer ergänzt Schramma viel sagend: »Wir brauchen den Flughafen in allen Variationen.«
Damit deutet sich eine Kursänderung an. Bislang hatten sich die Christdemokraten für weitere Nachtflugbeschränkungen ausgesprochen. In Zeiten schwarz-grüner Kooperation wurde sogar ein gemeinsamer Ratsbeschluss (3.2.2000) gefasst, FKB auf den Betrieb als Tagesfrachtzentrum hin zu orientieren. Was Schramma nach dem »Friedensgipfel« mit allen FKB-Eignern dann als gemeinsamen Beschluss vorzutragen hatte, bestätigt diesen Eindruck. Der »Passagierflug am Tage« soll gesteigert werden und für etwaige Kooperationen will FKB »alle möglichen Gesprächsoptionen offen halten«. Zur nächtlichen Lärmbelastung formulierte der OB recht wolkig: »Es werden keine zusätzlichen Nachflüge angestrebt.«

FKB-Aktien für Fraport

Der Kölner CDU scheint der Ratsbeschluss von 2000 ebenso gleichgültig zu sein wie Schwanhold. Der Landeswirtschaftsminister ignoriert darüber hinaus die rot-grüne Koalitionsvereinbarung auf Landesebene aus dem Jahr 1996, die weitere Nachtflugbeschränkungen anstrebt, gleich mit. Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Kölner Rat, Jörg Frank, erklärt Schwanholds Verhalten mit Haushaltsproblemen der Landesregierung: Schwanhold wolle die Anteile des Landes an FKB (30,94 Prozent) verkaufen, am liebsten an Fraport. Auch Uni-Professor Herbert Baum hatte in seiner Studie gemutmaßt, dass die Kooperation zu einem Verkauf der Landesanteile am FKB führen könne. Fraport sei sehr interessiert: Der Frankfurter Flughafen habe wegen des Baus einer neuen großen Landebahn den Nachtflug einschränken müssen, diese Lücke könne Köln/Bonn schließen. Laut Jörg Frank wird in Frankfurt sogar überlegt, wegen des gewachsenen öffentlichen Drucks den Nachtflug noch weiter gehend einzuschränken.

Fünf Millionen Billigflieger

FKB-Chef Garvens setzt auf Billigflieger, weil in dieser Sparte des Passagierverkehrs derzeit die einzigen Zuwächse zu verzeichnen sind. Alle Marken-Airlines leiden noch an den Folgen des 11.9., Köln-Bonn registriert einen Einbruch der Passagierzahlen um 20 Prozent auf dann gut fünf Millionen. Ausgelegt ist der Konrad-Adenauer-Airport auf zwölf Millionen Fluggäste. Garvens erwartet nun mit Eurowings und Virgin eine Steigerung in 2003 um gut eine Millionen und in 2004 um zusätzliche drei Millionen. Angeblich, so FKB-Sprecher Walter Römer gegenüber der Kölnischen Rundschau, sollen »mehr als 95 Prozent der Flugbewegungen am Tag« stattfinden. Die Fluggesellschaften selbst sehen das offensichtlich anders. Sie begründen die Wahl von Köln/Bonn mit dessen Nachtoffenheit.

Doppelte Belastung

Ungeachtet welche Szenarien zukünftig Realität und welche Versprechen letztendlich eingelöst werden, die Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn geht bereits von einer Zunahme des Flugverkehrs aus. Betroffen wären davon rund 400.000 Menschen im Rechtsrheinischen. Die Evangelische Kirche Köln, seit 1994 im Kampf gegen den Fluglärm engagiert, rechnet in diesem Fall neben der ökologischen, mit einer ökonomischen Katastrophe: »Wer nicht schlafen kann, kann auch nicht arbeiten.« Die Lärmschutzgemeinschaft fordert von OB Fritz Schramma »auf Entwicklungsstrategien für den Flughafen zu drängen, die zu keinen neuen Nachtflügen führen«. Damit wird weniger verlangt als bisher, und so haben, egal ob ihre Unternehemensstrategien von Erfolg gekrönt sein werden, Politik und und FKB-Betreiber eins schon mal erreicht: Von einer Reduzierung des Nachtflugs redet zurzeit niemand mehr.



Veranstaltungshinweis: Nachtruhe ist Menschenrecht, Kongress mit Fachvorträgen und Podiumsdiskussion: Sa. 14.09., Komed-Saal Mediapark 7; Kongressbeginn 9 Uhr, Tagungsgebühr 15 Euro; Anmeldung unter Tel. 338 22 38 oder unter polte-sozialwerk@kirche-koeln.de.