Kennt den Zweifel: Chad Harbach, © Beowulf Sheehan

The Great American Baseball Novel

Es gibt kaum ein Interview, in dem Chad Harbach nicht von seiner großen Bewunderung für Herman Melville und sein Hauptwerk »Moby Dick« spricht – überraschend kommt es also nicht, dass der Mitgründer des szenigen Literaturmagazins n+1 sein Fanboytum auch in seinem Debüt »Die Kunst des Feldspiels« konsequent auslebt. Einer der Protagonisten heißt Skrimshander, nach der traditionellen Verzierung von Walknochen und -zähnen. Das Baseball-Team hört auf den Namen Harpooners, die College-Bar heißt – nach einer anderen Geschichte von Melville – »Bartleby’s« und in einer zentralen Szene geht Skrimshander wie der Schiffsjunge Pip in »Moby Dick« manisch ins Wasser.

 

Doch statt vom Walfang handelt »Die Kunst des Feldspiels« von Baseball, jener uramerikanischen Sportart, die in den USA quasi-religiös verfolgt wird, in Europa jedoch nicht über den Status einer Randsportart hinauskommt. Im Mittelpunkt stehen das Baseball-Jahrhunderttalent Henry Skrimshander und sein Team aus vornehmlich männlichen Heranwachsenden, die mit und durch und trotz Baseball erwachsen werden. Eine Coming-of-Age-Geschichte im Stile der »Great American Novel« – die Vergleiche mit Jonathan Franzen kommen nicht von ungefähr.

 

Trotz der US-nahen Grundthematik ist die Story auch für Europäer von Interesse. »Baseball passt einfach gut zu der Geschichte, die ich erzählen wollte«, sagt Harbach. Dabei geht es vor allem um Selbstzweifel und Scheitern. Alle Protagonisten werden damit konfrontiert, ob als Baseballer, als Akademiker oder auf persönlicher Ebene. Das Scheitern des Sportlers ist allerdings besonders, findet es doch gnadenlos in der Öffentlichkeit statt. Im Kontext von Burn-out- und Depressions-Erkrankungen bei Profi-Sportlern gewinnt der Roman dadurch an Aktualität.

 

Auch für Harbach selbst sind Selbstzweifel ein Thema. Zehn Jahre lang schrieb der Harvard-Absolvent an seinem Debüt, mit Studienschulden und Aushilfsjobs im Rücken. Der Lohn: Die New York Times kürte »Die Kunst des Feldspiels« zu einem der zehn wichtigsten Bücher 2011.