Lizenz zum Fotografieren

Lotte Jacobi im Käthe Kollwitz Museum

Man hat sich die 1896 geborene und 1990 verstorbene Lotte Jacobi als eine selbständige und eigenwillige Frau vorzustellen. Ende der 20er Jahre übernahm sie das Berliner Fotoatelier ihres Vaters, mit ihren Portraits von Künstlern, Literaten und Schauspielern, darunter die sensibel eingefangene Käthe Kollwitz, das androgyne Geschwisterpaar Klaus und Erika Mann und das ikonische Bild Lotte Lenyas wurde sie im Berlin der 30er bekannt, ihre Tanzaufnahmen waren legendär. 

 

Schon Jacobis Urgroßvater Samuel soll in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts beim Erfinder der Fotografie, Louis Jacques Mandé Daguerre, eine Kamera und die Lizenz zum Fotografieren erworben haben. Lotte Jacobi wurde diese Lizenz 1933 von den Nazis aberkannt. Durch ihre jüdische Abstammung und den Kontakt zu linksintellektuellen Freunden war sie in vielfacher Hinsicht gefährdet. So arbeitete sie zunächst unter verschiedenen Pseudonymen weiter und emigrierte 1935 mit ihrem Sohn nach New York. Doch der Anschluss an die begonnene Karriere als Portraitistin für die Presse gelang dort nicht. Ihr vielleicht bekanntestes Foto des zerstruwwelten Albert Einstein in Lederjacke, der bei der Zeitschrift Life darauf bestanden hatte, dass Jacobi sein Portrait verfertigte, wurde abgelehnt. Nicht alle goutierten ihre Sympathie zu den Dargestellten und ihre Neigung zum Unkonventionellen. Trotzdem gelang es Jacobi, auch weiterhin zu fotografieren, was sie interessierte. In der Ausstellung im Käthe Kollwitz Museum sind auch die aus dieser Zeit stammenden experimentellen, kameralosen Bilder zu sehen, Zeichnungen mit Licht, manchmal auf poetische Weise mit Aufnahmen von Tänzern verknüpft. Kuratiert von profunden Kennerinnen des Werks von Jacobi, Marion Beckers und Elisabeth Moortgat, zeigt die Schau alle Facetten des fotografischen Oeuvres.

 

Einflüsse anderer Fotografen hat Jacobi nicht gelten lassen, auf die Frage »Hat Sie denn Fotografie nicht interessiert?« antwortete sie in den 70er Jahren: »Nicht die Fotos von anderen Leuten. Meine eigenen haben mich interessiert.«  In ihrem Einsatz für die Anerkennung der Fotografie als eigenständiges künstlerisches Medium machte sie jedoch Portraits ihrer Kollegen und regte eine Ausstellung von Berenice Abbott an. Diese wirkt auf dem Foto in der Ausstellung übrigens ebenso unprätentiös wie Jacobi auf ihren ungeschönten Selbstportraits.