Reflektion, Spiegelung, Projektion

Trifft man Emanuele Soavi zufällig, in Theatern oder, wie kürzlich, auf der Internationalen Tanzmesse in Düsseldorf, wirkt er immer fröhlich und zugewandt. Ein lächelnder Italiener, der gerne spricht, in jeder der mehreren Sprachen, die ihm zur Verfügung stehen. Ist der eigentlich permanent gut gelaunt? Tänzer und Choreografen in Köln haben doch so einige Gründe zum Jammern. Davon handelt denn auch Soavis nächstes Stück »Black Bird Boy«. Nicht von Köln, aber von dem, was ein Mensch von sich zeigt und was nicht. Von dem Blick, den man auf Gesichter wirft, ohne von den Sorgenschatten hinter der Fassade etwas zu ahnen oder ahnen zu wollen. 

 

»Es ist autobiografisch«, sagt er und meint »das Gefühl, der kleine italienische Junge zu sein. Ich werde nie Prinz sein oder Model. Das hässliche Entlein, das jemand anderes sein will, eine Außenseiterfigur, die ihren Platz finden muss, hier und jetzt.« Es gehe um ihn als Performer, wie in den vorigen Stücken »Pan« und »Revolver«, aber diesmal »poetisch, tiefer und doch auch leichter. Minimaler. Ein Flug, ein innerer Flug, mit niedrigerer Dynamik.« Ein Spiel um Zeigen und Verstecken soll es werden, mit bewusst plakativen Elementen und mit Geheimnissen. »Performing reality«, nennt Soavi es, die Zuschauer sollen gefoppt werden, dabei spielen auch Sound und Video eine Rolle, die das »Live«-Erlebnis in Zweifel ziehen. »Reflektion, Spiegelung, Projektion«, sagt Soavi, der früher bei Umberto Eco studiert hat und sich diesmal auch von Fotografinnen und jeder Menge Literatur inspirieren ließ. 

 

Sein Team vom Movingtheater.de, das seit 2003 bestand, löst sich auf. Choreografen-Kollege Massimo Gerardi, der am 13.10. in der Feuerwache noch die Premiere »Hot Dog« zeigt, wird Dozent an der Palucca-Hochschule in Dresden, Dramaturg Achim Conrad bleibt im Theaterbereich und für die Tanzlobby tätig. Soavi arbeitet von nun an als INcompany mit wechselnden Partnern. Demnächst choreografiert er am Gärtnerplatz-Theater in München. Er entwirft von Köln aus eine doppelte Linie: freie Szene und Stadttheater. Kräftig müssen da die Flügel sein.