Innerer Frieden

Markant, weich und ausdrucksstark: Michael Kiwanuka

Michael Kiwanuka ist — wie es heißt, auch zu seiner eigenen Überraschung — erst seit kurzem international kein Unbekannter mehr. Die Promotionsmaschinerie ruft ihn und sein Debüt »Home Again« (Polydor/Universal)inzwischen zur »Sensation« aus. Im gleichen Zug weist sie auf einen globalen publizistischen Rundum­­schlag hin: Unter anderem führte Kiwanuka die BBC-Liste »Sound of 2012« an, die prominent besetzte Jury von Spiegel Online zählt ihn zu den »zehn heißesten Newcomern«.

 

»Sensationell« — auf marktschreierische Attribute legt Michael Kiwanuka selbst nicht den geringsten Wert — ist an seiner Musik zunächst einmal nichts. Die ist eine symbiotische Mischung aus 70er-Songwriter-Pop im Dunstkreis von Carole King und, wenn man so will, Bill-Withers-Al-Green-Soul. Kiwanuka vertritt diese musikalische Mischung, ohne Anspruch auf Neuerung. Aber fraglos herausragend sind seine Musikalität und Stimme. Diese Musik ist äußerst solide gemacht und in einem Sinne schön, dass sie einerseits Menschen bedient, denen nicht zu aufgeregte Musik entgegenkommt, daneben aber auch solche mit vielfältiger Hörerfahrung — vielleicht finden sogar jene, denen der Einsatz von Querflöten in der Popmusik sonst ein Dorn im Auge ist, daran Gefallen. Kiwanukas Stimme ist markant, zugleich weich und ausdrucksstark und durchaus der Interpretation großer Soulklassiker würdig.

 

Bemerkenswert ist, wie sicher er sich in den Genres bewegt. Auch wenn einen unwillkürlich das Gefühl beschleicht, dass es sich doch eigentlich um exakt vier Jahrzehnte lang unveröffentlichte Tapes handeln müsste, so gelingt es Kiwanuka, seine Songs so zu gestalten, dass einem nie der Ge­­danke kommt, er könnte schlicht ein Kopist sein. Vielmehr benutzt er die Genres als geschmackvollen Rahmen für seine Ideen, die er aufwändig, auch mit Streichern, arrangiert. Für das um größtmögliche Authentizität bemühte Sounddesign des Debütalbums zeichnet übrigens Paul Butler von The Bees verantwortlich, der es auch produziert hat und auf diesem mitspielt.

 

In seinen Songs geht es Michael Kiwanuka um Genügsamkeit, um inneren Frieden. Entsprechend wirkt die Dramaturgie des Albums wie auf den Tagesausklang hin ausgerichtet, als sanfte Verabschiedung in die Nacht. Kiwanuka, der überdies Folkfan im Allgemeinen und Dylan-Fan im Besonderen ist, sagte dem Rolling Stone im Interview: »You don’t have to fuss yourself. You don’t have to listen if you don’t wanna listen. But it’s nice if people accept the music the way it is.«