Fühlt sich an, wie ein richtiges Instrument: Ingenhoff (links) und Wilhelm, Foto: Camp-Inc.

Acid-House zum Anfassen

Camp Inc. schwören auf Hardware und Musikkassetten

Der eine, Roland Kaiser Wilhelm, hat sich in Köln als Produzent ­elektronischer Musik längst einen Namen gemacht, der andere, Sebastian Ingenhoff, beschäftigt sich mit Musik vornehmlich aus journalistischer Perspektive und hat nach eigener Aussage »zuvor noch nie ein Instrument angefasst«. Als Camp Inc. mischen sie mit ihrer amüsanten Auslegung von Acid-House die Kölner Clublandschaft auf. Sebastian bedient die 707-Drummachine, Roland steuert den Sampler und den Modularsynthesizer.

 

Oldschool ist Trumpf, denn Laptops kommen nicht zum Einsatz. »Ich bin kein Freund von live produzierter Laptopmusik«, sagt Roland, »ich mag die Maschinen und die Ungenauigkeiten, die sich ergeben, wenn der Strom durch analoge Schaltkreise fließt«. Und Sebastian ergänzt: »Limitierungen können sehr interessant sein, zudem mag ich die Haptik eines Drumcomputers, den man wie ein Instrument spielen kann.«

 

Auf der Suche nach dem unperfekten Moment

 

Mit dieser Haltung sind Camp Inc. Prototypen einer Produzenten-Generation, die sich auf die Suche nach dem unperfekten Moment und den glorreichen Fehlern begibt. Sebastian berichtet von einem Interview, das er mit Brian Eno für Intro geführt hat: Die Produzenten-Koryphäe schwöre inzwischen gänzlich auf die Vorzüge der digitalen Computertechnologie — als einer der elektronischen Musikpioniere hat Eno in der Steinzeit von MIDI & Co wohl lang genug mit störrischen Apparaten zu kämpfen gehabt.

 

Camp Inc. hingegen sind froh über Zufälligkeiten und unvor­hergesehene Ereignisse. Zwitschernde Acid-Bässe und klappernde Grooves bilden die Basis, dazu samplet man sich wild durch die Musikgeschichte. Das Glockenspiel von Velvet Undergrounds »Sunday Morning« findet ebenso seinen Platz wie das Bassriff von Slimes »Deutschland muss sterben«. Alte Musik gespielt mit dem Wissen von heute.

 

Erste Veröffentlichung nur auf Tape

 

Das Retro-Faible hört aber bei der Musik nicht auf: »Baustelle Kalk«, die erste Veröffentlichung von Camp. Inc, gibt es lediglich auf Tape — und zwar auf dem eigenen Label Camp Magnetics, das demnächst auch Kassetten anderer Acts verbreiten wird. Dass wohl die wenigsten Musikkonsumenten überhaupt noch im Besitz eines Tapedecks sein dürften, ist den beiden natürlich bewusst. Was ihr Produkt wiederum mit einer gewissen Exklusivität ausstattet. Und die hat bekanntlich schon immer Begehrlichkeiten geweckt.

 

Tonträger: »Baustelle Kalk« erschienen auf Camp Magnetics (campmagnetics.wordpress.com)