Beutestücke für die Sieger

In ihrer letzten Regiearbeit als Intendantin zeigt Karin Beier starke Frauen in auswegsloser Situation

Das kahle Spielkarree mit dem dunklen Sandboden kennen wir aus »Das goldene Vlies«. Die weißen Pappmasken, gab es die nicht in »Das Werk/Im Bus/Ein Sturz«? Und so ein großes Frauenensemble, das dirigierte Karin Beier schon in »König Lear«.

 

In der letzten Premiere der Intendantin vor ihrem Wechsel nach Hamburg entdeckt man viele vertraute Elemente ihres Kölner Schaffens. Das stimmt wehmütig — als halte man die Greatest-Hits-Compilation einer in Auflösung begriffenen Band in den Händen. Es ist aber auch schön, noch einmal den markanten Regiestil zu erleben, mit dem sie das Kölner Schauspiel in den vergangenen fünf Jahren prägte.

 

Die politische Brücke schlägt Beier auch in den »Troerinnen« nach Euripides. Was der antike Pazifist 415 v. Chr. in seiner Tragödie anprangerte und was Jean-Paul Sartre in seiner Bearbeitung 1965 weiter zuspitzte, hat sich nicht erledigt. Die himmelschreiende Missachtung von Menschenrechten als Folge von Krieg ist das allgemeingültige Thema des Stücks. Männer spielen bei Karin Beier eine Nebenrolle. Die Intendantin konzentriert sich ganz allein auf die Situation von Frauen im Krieg, und zeigt, was den Witwen der hingemetzelten Trojaner nach dem Streit um Helena droht: Vergewaltigung und Versklavung durch die siegreichen Griechen. Angesichts ihres Schicksals beten und klagen Trojas Königin Hekuba, Schwiegertochter Andromache und der Chor der Troerinnen. All ihren Zorn laden sie auch auf die Götter ab, die den Himmel leer hinterlassen haben.

 

Das großartige Frauenensemble, unter anderem Angelika Richter, Julia Wieninger, Anja Laïs und Lina Beckmann, macht den Figuren in martialischen Choreografien Mut. Wie Kämpferinnen schlagen sie sich auf ihre nackten Brüste. Die Symbolik erinnert sowohl an den Widerstand der ukrainischen Femen gegen männliche Geilheit, Zwangsprostitution und Frauenhandel als auch an Marianne, die Vorkämpferin der Freiheit auf dem berühmten Delacroix-Gemälde, als die Karin Beier vor zwei Jahren auf einem närrischen Karnevalswagen dargestellt wurde. Besonders eindringlich sind die Wortgefechte zwischen Julia Wieninger als herrische Hekuba und Lina Beckmann als wütende Andromache, die in erschütternden Momenten ihr Kind opfern muss.

 

Mit einem Abend der starken Frauen setzt Karin Beier den Schlussakkord. Den künstlerischen Gipfel hatte sie in Köln schon erreicht, das Finale gelingt ihr auf hohem Niveau.