Anstrengend aber lehrreich

KHM-Professoren im Porträt: Matthias Müller praktiziert und lehrt die Kunst des Experimentalfilms

Seit nunmehr zehn Jahren hat Matthias Müller seine Professur für experimentellen Film, eine Zeit, in der er sich zu einem bevorzugten »Vorderen« bei den Studierenden entwickeln konnte. Zumindest gelten seine Seminare als en vogue: Stunden, wo man wirklich was über das Kino lernt.

 

Was eigentlich nicht weiter überrascht, denn für die Art von filmischen Arbeiten, die Müller macht, muss man schon allerhand gesehen, gelesen, gehört und verstanden haben. Found Footage nennt sich diese Strömung innerhalb des Felds, das gemeinhin Avantgardefilm heißt. Wobei Found Footage nur bedingt passt, da die zur Verarbeitung ausgewählten Ausschnitte, Bilder und Töne, Satzfragmente, Klangfetzen eher gesucht werden als gefunden. Oder, wie Müller seine Haltung einmal in einem Interview beschrieb: »Ich untersuche diese Mittel in Hinblick auf ihre Tauglichkeit für einen heutigen Einsatz. Dieser Rückgriff hilft mir nebenbei, mich aus dem letzten Avantgardezwang zu befreien (...) Dieser verordnete Blick nach vorn — wo immer das liegen mag — hat für mich etwas Pathologisches.

 

«Die Mittel, die Müller meint, stammen oftmals aus Perlen wie Marginalien des klassischen Kinos, Hollywood-Tropen und -topoi, die längst in unserem Unterbewussten ein Eigenleben führen. Meisterwerke wie »Home Stories« (1990), »Sleepy Haven« (1994), »Alpsee« (1995), »Pensão Globo« (1997) und »Vacancy« (1999), mit denen Müller zu einem führenden Exponenten des Experimentalfilms wurde, sind zugleich Träume wie deren Analysen, Akte der Verführung wie des Aufbegehrens. Angefangen mit dem Filmemachen hat der 1961 in Bielefeld Geborene in den 80er Jahren, als Mitglied erst des sagenumwobenen Duos »Anstrengend aber schön«, dann des legendären Super-8-Kollektivs »Alte Kinder«. Die 90er Jahre wurden dann zu seiner Dekade — kaum ein anderer Name des internationalen Avantgardekinos ist so nachhaltig mit ihr verbunden wie seiner.

 

Zur Millenniumswende beginnt mit »The Phoenix Tapes« (1999/2000) eine weitere Werksperiode. Der Hauptadressat ist weniger die Kino- als die Museen- und Galerienwelt. Kongenial passend zu dieser veränderten Rezeptionssituation charakterisiert viele Arbeiten eine Faszination für Oberflächen- und Materialspannungen — man begegnet ihnen eher, als dass man in sie eintaucht. Ihr kühler Eros ist von ganz eigener Schönheit.

 

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