Ralph A. Austen »Sahara«

Es reizt, in diesem Buch die Vorgeschichte der heutigen Konflikte zu suchen: Der Krieg in Mali, die brutale Besatzung der Region West-Sahara durch Marokko, die Präsenz lateinamerikanischer Drogenkartelle. Nein, »Sahara« ist ein streng historisches Buch, das mit der Dekolonialisierung nach dem zweiten Weltkrieg endet. Austen, Professor an der Universität von Chicago für die Geschichte Afrikas, räumt mit Klischees auf: 

 

Die Sahara ist keine Barriere zwischen einem arabischen Norden und dem schwarzen Afrika, sie war und ist ein Handelsraum par exellence, einer der wichtigsten Verteiler von Gütern und aber auch von Ideen, konkret: der islamischen Religion, in der Geschichte der Menschheit. Sie ist ein überaus reichhaltiger Lebensraum, der von seiner Bewohnern nie als Beschränkung erfahren wurde, ganz im Gegensatz zu den kolonialen Eingriffen. Die Sahara ist übrigens noch nicht mal eine Sandwüste, sondern besteht weitgehend aus Geröll. Indirekt erfahren wir natürlich doch etwas über unsere Zeit: So war der Islam der Sahara nie »rein«, sondern immer verschränkt mit regionalen Traditionen. Gegen genau diese lokalen Gelassenheiten wollen die saudi-arabisch geschulten Gotteskrieger heute ihr Schreckensregime entfachen.

 

Wagenbach 2012, 219 Seiten, 24,90 Euro