Baudelaire statt Erhardt: Ingeborg Drews; Foto: Manfred Wegener

Plädoyer für den Eigensinn

Ist dies nun ein Künstlerroman, eine Autobiografie, das Psychogramm einer Identitätssuche, eine Liebeserklärung an Paris, die Malerei, den Jazz? "Mein Paris trägt grüne Schuhe" verbindet all diese Aspekte. Die 1938 in Köln geborene Künstlerin, Lyrikerin, Fotografin und Journalistin Ingeborg Drews hat einen autobiografischen Roman geschrieben, in dem sie ihren Lebensweg und die Widersprüche der Nachkriegszeit reflektiert.

 

Paris, 1960: Die 21-jährige Laura Wassenberg läuft die Champs-Elysées entlang Richtung Saint-Germain, um sich bei den beiden berühmten Pariser Kunstakademien vorzustellen. Vor zwei Tagen ist sie aus dem verhassten kleinbürgerlichem Zuhause in Köln-Raderberg in die französische Hauptstadt aufgebrochen, voller Erwartungen und mit dem Wunsch, hier als Malerin das aufregende Leben der Bohème zu teilen. Diese Schlüsselszene bildet den Dreh- und Angelpunkt: Unterwegs auf dem Boulevard folgen wir ­Lauras Erinnerungen, Beobachtungen und schweifenden Gedanken.

 

"Man kann keine andere Kindheit wählen", hat Ingeborg Drews einmal in einem Radio-Interview gesagt. Ihr Buch ist auch eine Abrechnung mit der deutschen Nachkriegsspießigkeit: Ein Kriegskind, das "wild" aufwächst, im grauen zerbombten Köln in leerstehende Ruinen klettert, sorgsam bunte Bonbonpapierchen nach Farben sortiert, während der verstummte Vater und die geltungssüchtige Mutter sich in der Metzgerei abrackern. "Extrem und obstinat" nennt die Mutter das eigensinnige Mädchen, das sich unverstanden fühlt, im Internat den Aufstand probt und schließlich eine swingende, kosmopolitische Gegenwelt entdeckt: im Eiscafé des legendären Kölner Gastronomen "Gigi" Campi, Treffpunkt für Künstler, Schriftsteller und Musiker, im Jazz-Plattenladen "Musikhaus Fürth", im Kino, wo Carnés "Kinder des Olymp" läuft.

 

Nicht alles ist gelungen an diesem Buch, ermüdende Wiederholungen und ein Hang zur Selbststilisierung schmälern das extrem sympathische Grundanliegen: Kunst, Poesie, Musik als Freiraum und intellektuelle Heimat zu begreifen. Und wer würde nicht sofort Heinz Erhardt gegen Charles Baudelaire, Edith Piaf, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir und den Jazz eintauschen!