Die Überreste eines Klaviers

Besuch beim Gipfeltreffen der Akademie-Bildhauer im Düsseldorfer K20

Unverhohlen glotzen sie aus ihren zerfurchten Bronze-Schädeln. Man hat die riesenhaften Büsten »Fratelli« (2012) von Thomas Schütte noch im Blick, als in der Raumflucht ein fragiler Metallsockel auftaucht, beladen mit Ziegeln: ein Werk von Isa Genzken. Beide konterkarieren die Bildhauerei, und doch tun sie es mit unterschiedlichsten Mitteln. Die Ausstellung »Die Bildhauer. Kunstakademie Düsseldorf, 1945 bis heute« zeigt in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in einer starken räumlichen Dramaturgie viele Dimensionen der Skulptur. Weitgehend chronologisch sortierten die Kuratoren Siegfried Gohr und Robert Fleck mit Akademiedirektor Anthony Cragg den Parcours.

 

Insgesamt 130 Exponate von Lehrern und Schülern der Hochschule sind zu sehen, und natürlich sucht man bei diesem einmaligen Gipfeltreffen legendärer und angehender Akademie-Bildhauer den roten Faden. Was verbindet die Düsseldorfer? Form und Material sind ein Anhaltspunkt. Werke wie die »Große Schweizer Kuh« von Ewald Mataré, der schon 1932 in Düsseldorf lehrte und nach dem Krieg wieder berufen wurde, schlagen die Brücke in die frühe Moderne der 20er Jahre: Mataré bleibt bei der Figur. Sein Meisterschüler Joseph Beuys dagegen, der 1947 das Studium antrat, 1961 zum Professor berufen und schließlich gefeuert wurde, zertrümmert sie mit voller Wucht.

 

Das macht die Ausstellung mit weiteren Werken der 60er Jahre deutlich. Die Überreste eines Klaviers, Erinnerungen an ein verhindertes Fluxus-Konzert (Konzertflügeljom), sind heute stumpf und brüchig. Genauso sind die in Schokolade und Zucker gegossenen Selbstbildnisse als Löwen und Hunde von Dieter Roth (Löwenselbst-Turm, 1968/93) im Verfall begriffen. Gut drei Meter weiter windet sich ein filigrane weiße Metallstange von Norbert Kricke in den Raum. Schwer vorstellbar, dass Beuys, der die »sozialen Plastik« prägte, und Kricke, der den Minimalismus vorwegnahm, zwischen 1964 und 1972 gleichzeitig an der Akademie lehrten.

 

In heutiger Zeit kann die Skulptur von Performance bis Video-Installation fast alles sein. Doch selbst die aktuellsten Arbeiten der Ausstellung, etwa die Holzfiguren von Paloma Varga Weisz, kreisen auf immer neue Weise um Fragen der Materialität und des Raumbezugs. Damit erneuern sie das Panorama der Bildhauer mit ihren Betrachtungsweisen — und das macht diese konzentrierte Schau so sehenswert.