Damals Pioniere, heute Tradition

Urgestein des Kunsthandels: Vor 175 Jahren wurde die Galerie Boisserée gegründet

Der Name Boisserée gehört zu Köln wie der Dom, bedenkt man, wie eng  der Familienname mit der Kathedrale verbunden ist: Die Firmengründung der Galerie Boisserée geht allerdings nicht auf Sulpiz Boisserée, einen der maßgeblichen Initiatoren der Domvollendung im 19. Jahrhundert zurück, sondern auf dessen Neffen Josef und Wilhelm. 1838 eröffneten die beiden Vettern in der Minoritenstraße eine Buchhandlung, aus der sich das bis heute mit dieser Stadt und seinen Sammlern eng verbundene Traditionshaus entwickeln sollte.
Der eigentliche Kunsthandel kam erst anfang des 20. Jahrhunderts mit der Übernahme der Fa­mi­lie Schilling hinzu. Johannes Schilling lenkt die Geschicke der Galerie mit ihren heute 360 Quadratmetern Ausstellungsfläche in der Drususgasse in dritter Generation; seit 1995 zusammen mit dem Be­triebs­wirt Thomas Weber.

 

Schilling freut sich, dass sein Vater Walter das diesjährige Jubiläum miterleben kann. Der heute 88-Jährige hatte nach dem Krieg die Galerie wieder aufgebaut, einziger Grundstock war eine Kundenkartei, die aus den völlig zerstörten Geschäftsräumen gerettet werden konnte. Offenbar war die Nachfrage nach Kunst und Literatur gerade in den ersten Nachkriegsjahren enorm, auch wenn wegen der Papierknappheit die in kleinen Auflagen limitierten Bü­cher nur gegen Altpapier abgegeben werden konnten. »Papier gegen Papier« lautete die Devise. Erst 1949 konnte wieder eine Kunstausstellung eröffnet werden; ihr Titel »Ostzonenmalerei« steht für die Umbrüche des 20. Jahrhunderts.
In den 50er Jahren sind die Galerien Boisserée und »Der Spiegel« die ersten, die in Köln mit abstrakter Kunst handeln. Hier setzt die Jubiläumsausstellung ein: mit Malerei des Deutschen Informel von Karl Fred Dahmen und Emil Schumacher. Es folgen qualität­volle Grafik wie die Farbradierungen von Georges Braques aus den 60er Jahren, die vierteilige »French Revolution« von Robert Motherwell in Blau, Weiß, Rot (1987/88); »Mein Kölner Dom, wrapped« von Christo & Jeanne-Claude (1980/82) oder Arbeiten von Robert Indiana, Donald Judd, David Hockney, Louise Bourgeois. Die jüngeren Positionen besetzen die flirrenden Holzschnitte der Leipzigerin Christiane Baumgartner (*1967) oder Franziskus Wendels’ (*1960) atmosphärisch verdichtete Malerei.

 

Die Galerie Boisserée steht nicht für waghalsige Experimente, sondern für gediegene Qualität, Beständigkeit und ein ungebrochenes Vertrauen in die Sammlerkultur im Rheinland. Hier denkt niemand an einen Umzug nach Berlin.