Foto: Manfred Wegener

»Architektur ist Alltagskultur«

»plan« die Dritte. Wieder möchte das Projekt mit über 40 Ausstellungen, Stadtführungen, Vorträgen, Diskussionen und Workshops für Architekturprojekte und Stadtplanung in Köln sensibilisieren. Wie und warum diesmal verstärkt rechtsrheinisch, danach hat Christel Wester die »Planer« Sabine Voggenreiter und Kay von Keitz gefragt.

StadtRevue: »plan« findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Kann man also sagen, dass sich die Veranstaltung etabliert hat?

Sabine Voggenreiter: In Köln gilt ja die Regel, wenn man zum dritten Mal etwas macht, ist es schon eine Tradition. Das ist jetzt nicht nur ein Witz, »plan« ist bereits eine feste Größe und als Projekt weiterhin entwicklungsfähig.

Kay von Keitz: Gerade in diesem Jahr haben wir uns auf einer neuen Ebene etabliert. Wir werden vom Stadtentwicklungsausschuss, d.h. von den politischen Fraktionen, wahrgenommen und als wichtig erkannt. Darüber hinaus ist »plan« jetzt auf Landesebene verankert. Michael Vesper, der NRW-Minister für Städtebau und Wohnen, übernimmt die Schirmherrschaft für das Projekt.

Es gibt verschiedene Ebenen, auf denen sich der Erfolg einer Veranstaltung zeigt. Erklärtes Ziel von »plan« ist es, nicht nur Fachleute, sondern vor allem auch den normalen Stadtbewohner anzusprechen.

SV: Die Besucherzahlen sind für ein Programm, das nicht gerade Unterhaltung anbietet, für das die Quoten sowieso ganz andere sind, recht gut. Wir hatten beim letzten Mal an die 40.000 Besucher. Da war ein ganz gemischtes Publikum unterwegs, auch Familien mit Kindern beispielsweise. Geschätzt wird die direkte Konfrontation, dass man als normaler Bürger auch den Star-Architekten befragen kann.

Im letzten Jahr gab es viele Aktionen in der Innenstadt, die Passanten auf ihren alltäglichen Wegen für deren bauliche Strukturen sensibilisierten.

KvK: Derart viele Aktionen im öffentlichen Raum gibt es in diesem Jahr nicht. Grundsätzlich ist das Thema aber weiterhin sehr wichtig. In welcher Weise es jeweils aufgegriffen wird, das wird von Jahr zu Jahr unterschiedlich sein.

Im vergangenen Jahr hatte »plan« zwei Themenschwerpunkte: Zum einen das leidige Thema der Kölner Plätze, zum anderen das Licht in der Stadt. Welche Themenschwerpunkte gibt es in diesem Jahr?

SV: Man muss vorausschicken: Einen verbindlichen Themenschwerpunkt für die Teilnehmer gibt es nicht. Die Architekten entscheiden selbst, wie sie sich präsentieren. Nur bei den Kunstprojekten und dem »plan camp« gibt es ein Thema. Und das lautet in diesem Jahr »Stadtzeichen.«

Was bedeutet das, »Stadtzeichen«?

SV: Wenn wir das so genau wüssten, müssten wir keinen Workshop machen. Wir haben Wissenschaftler, Architekten, Stadtplaner und Künstler eingeladen, darüber nachzudenken, wie man Wahrzeichen einer Stadt entwickeln kann. Der Dom kann doch nicht die einzige Aussage von Köln sein. Das »plan camp« ist breit angelegt. Da kann ein Hochhauskonzept entwickelt werden, aber ebenso ein künstlerisches Konzept, das ganz andere Ebenen des Zusammenlebens in einer Stadt thematisiert – Architektur, das ist vor allem auch Alltagskultur.

KvK: Es gibt strukturelle Merkmale einer Stadt, sowohl im Ästhetischen als auch im Sozialen. Es gibt Atmosphären, die eine Stadt ausmachen. Wie sehen Straßenzüge aus? Wie gestalten Leute ihr unmittelbares Umfeld? Repräsentativbauten und Alltagsästhetik, das sind die Pole, zwischen denen sich das »plan camp« bewegen soll.

SV: Ein Diskussionspunkt wird auf jeden Fall das Rechtsrheinische sein, wo markante Stadtzeichen fehlen. Überhaupt ist das Rechtsrheinische eines der brisanten Themen in Köln, da wird ja eine ganz neue Stadt entstehen. Deshalb begeben wir uns mit unserem zentralen »meeting point« dorthin, in ein altes Industriegebäude auf dem Gelände der Deutz AG, dem Entwicklungsgelände des zukünftigen Euroforum. Da ist jetzt noch absolute Brache.

Inwiefern hat denn »plan« tatsächlich eine Chance, Stadtplanung zu beeinflussen?

SV: Die Stadt hat die Ergebnisse unseres letzten »plan camp« zur Beleuchtung der Brücken tatsächlich weiter verfolgt. Eine Arbeitsgruppe trifft sich regelmäßig, um Ideen weiterzuentwickeln. Das ist die Ebene, auf der wir etwas bewirken können. Wenn man wirklich ein komplettes Beleuchtungssystem für die Kölner Brücken umsetzen will, dann muss man einen internationalen Wettbewerb ausschreiben. Das kann man nicht in einem Zwei-Tages-Workshop machen, das muss man auseinanderhalten.

KvK: Dazu muss man sagen, dass »plan« auf einer engen Kooperation zwischen der Stadt und uns basiert. Bereits im letzten Jahr haben wir das Thema für das »plan camp« gemeinsam mit dem Stadtentwicklungsdezernat entwickelt. So war es auch in diesem Jahr. Für diese enge Zusammenarbeit gibt es einen konkreten Grund: Wir wollen von vornherein Leute mit Entscheidungskompetenzen in die Debatte einbinden.

Kann »plan« da nicht leicht zum Feigenblatt der Stadtverwaltung werden? In der Öffentlichkeit zeigt man sich diskussionsfreudig und aufgeschlossen gegenüber innovativen Ideen, in der Realität gilt allerdings weiterhin die altbekannte Spielregel: Ein finanzstarker Investor setzt seine Interessen durch.

SV: Dass wir solche Praktiken nicht abschaffen werden, ist klar. Aber wir können sensibilisieren für bauliche Strukturen, für stadtplanerische Notwendigkeiten. So schaffen wir eine Öffentlichkeit. Wenn all diese heiklen Punkte breit und wiederholt diskutiert werden, kann man langfristig schon etwas bewegen.

Bei über 40 Projekten gibt es naturgemäß eine große Bandbreite an Themen. Da können die einzelnen Inhalte im Gesamtkontext leicht untergehen.

KvK: Aus unserer Sicht ist es nicht so. Jedes Jahr entstehen Schwerpunkte, die sich aus der aktuellen Situation ergeben, ohne die Vorgabe einer Jury. Da gibt es die Kölner Museumsprojekte, die alle bei »Plan« präsentiert werden: der Umbau des Museum Ludwig, der Museumskomplex am Josef-Haubrich-Hof für das Rautenstrauch-Joest-Museum, die Kunsthalle, den Kunstverein und die Schnütgen-Erweiterung, und Peter Zumthor steht drei Tage lang zum Werkstattgespäch im Diözesanmuseum bereit. Auch das Museum für Angewandte Kunst wird wieder vertreten sein mit einem Kongress junger europäischer Architekten. Das Wallraf-Richartz-Museum ist Gastgeber einer Ausstellung über das Musée du Quai Branly Museumsprojekt in Paris, das für Frankreich von großer nationaler Bedeutung ist. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Rhein: Welche Beziehung hat Köln zu seinem Fluss? Vor allem aber ist es unser Anliegen, ein breites Panorama der gegenwärtigen Architektur zu zeigen.

Dieses Mal ist das Panorama tatsächlich sehr breit. Beispielsweise kann man hinter Kulissen der Neumarktpassage gucken, also eines der größten Konsumtempel der Innenstadt. Zugleich werden Exkursionen zur Justizvollzugsanstalt nach Ossendorf angeboten. Dazwischen liegen Welten.

SV: Das ist genau das, was wir wollen: Möglichst viele Facetten, da muss man auch extreme Positionen besetzen.


plan 01
Forum aktueller Architektur in Köln: 21.–28.9.

Eröffnung: 21.9., 18 – 22 Uhr, ab 22 Uhr »get together« am »meeting point« von »plan 01«, der als Bar und Veranstaltungsort von elf Ausstellungen dient, Ort: Eckiger Rundbau auf dem ehemaligen KHD-Gelände, Deutz-Mülheimer-Str. 147-149 (Tor 7). Die Ausstellungen sind vom 22.-28.9., 13-21 Uhr, geöffnet.
Finale: 28.9., ab 22 Uhr.Über das Programm informiert ein Katalog im Pocketformat, der an allen Veransaltungsorten ausliegt, und die »plan«-Homepage (ab Anfang September)