Foto: Manfred Wegener

Fanatiker für Gott und Vaterland

»Christliche Mitte« und »pro köln« wollen mit anti-islamischer Hetze den Bau einer Moschee verhindern.

Der Islam hat das Ziel, Deutschland zu erobern!« Zu dieser bemerkenswerten Schlussfolgerung ist die Partei »Christliche Mitte« gekommen. Und sie teilt diese und andere anti-islamische Parolen bereitwillig auf Flugblättern mit, die vergangenen Monat im Norden Kölns in Briefkästen verteilt wurden. Hintergrund ist offenbar, dass Chorweiler für den geplanten Bau einer Kölner »Zentralmoschee« im Gespräch ist. Das hat im Juli 2001 der Kölner Rat mit Stimmen von CDU, Grünen und FDP beschlossen. Der von der Stadt unterstützte Bau würde die rund 100.000 Kölner Muslime sichtbar integrieren und wäre damit in Deutschland ein Novum.

Politikverständnis aus der Bibel

Ernst nehmen möchte man die »Christliche Mitte«, die sich in den 80er Jahren aus dem »Zentrum« abgespalten hat und bei der letzten Bundestagswahl mit 15.440 Zweitstimmen null Prozent erzielte, eigentlich nicht. Die Flugblätter, die sie deutschlandweit verteilt, leiten ihr Politikverständnis aus der Bibel ab. In nicht wenigen Fällen schrammen sie dabei die Realsatire (»Würde Christus die CDU/CSU wählen?«). Im Namen der Bibel bezeichnen sie Homosexualität als Krankheit (»Schizosexie«). Einem Großteil der Attacken richtet sich jedoch gegen den Islam.
Das Flugblatt, das in Köln verteilt wurde, ist ein Potpouri von Koranzitaten, die belegen sollen, dass der Koran »zur Gewalt an Christen aufruft«. Die Zitate, die zumeist aus dem Kontext gerissen sind, »spielen in der kulturellen Realität der meisten Muslime keine Rolle«, wie Islamwissenschaftler Marco Schöller von der Uni Köln erklärt. Man kann sie vielleicht mit offensiven Bibelpassagen vergleichen (etwa Jesus’ Worte »Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert«), die nur bedingt etwas über das Gewaltverhalten heutiger Christen aussagen.

Anti-islamische Anschreiben

Der wache Blick der »Christlichen Mitte« fixiert jedoch vor allem eines: die drohende »Eroberung« Deutschlands durch Muslime. Unverkennbares Zeichen sei die Errichtung von Moscheen. Den Muslimen werden dabei »Strategien der Eroberung« unterstellt, zu denen »verbale Bekenntnisse zur deutschen Demokratie« gehörten. Ein K.O.-Argument, das zugrunde legt, den Muslimen sei a priori zu misstrauen.
Vielleicht ist es ihre Bedeutungslosigkeit auf Bundesebene, welche die Partei mit Sitz in Lippstadt zu gezielter Agitation in ausgesuchten Städten antreibt. In Köln hat sie, neben den Flugblättern, verschiedentliche Überzeugungsarbeit versucht. Anti-islamische Anschreiben der »Christlichen Mitte« hat etwa die katholische Kirche Köln erhalten. Die vertrete jedoch eine »dezidiert andere Position«, wie Werner Höbsch vom Generalvikariat Köln feststellt. Als für den Bau der Zentralmoschee Chorweiler als möglicher Standort ins Gespräch kam, bekamen die VertreterInnen der dortigen Bezirksregierung an ihre Privatadressen Broschüren der Partei geschickt. Doch auch dort konnte sie keine Freunde gewinnen.
Schließlich hat die »Christliche Mitte« Gesinnungsgenossen in Köln bekommen. Auch die Gruppe »Pro Köln« um das ehemalige NPD-Mitglied Manfred Rouhs versucht, gegen die geplante Zentralmoschee Stimmung zu machen. Dabei übernimmt »Pro Köln« teilweise wörtlich die Formulierungen der »Christlichen Mitte« (»Wo eine Moschee steht, wird als Nächstes ein Minarett und dann der Muezzin-Ruf beantragt«) für eine breiter angelegte Agitation. Am 16. Dezember musste der städtische Beschwerdeausschuss den Antrag von »Pro Köln« behandeln, die Planungen für die Zentralmoschee einzustellen. Dem Antrag soll eine Unterschriftenliste Nachdruck verleihen, auf der KölnerInnen unterzeichnet haben, die »Pro Köln« von der vermeintlichen Bedrohung durch Muslime überzeugen konnte.
Der NRW-Verfassungsschutzbericht 2001 stellt bei »Pro Köln« eine »enge Kooperation mit der Neonazi-Szene« fest.