Die Stadt als Leinwand und Bühne

Das zweite CityLeaks-Festival ­startet mit über vierzig deutschen und internationalen Künstlern und erweitert nicht nur sich, sondern auch die »Urban Art«

Eine Lücke im Mauerwerk des Spielplatzes an der Lessingstraße in Ehrenfeld, geflickt mit kleinen, bunten Legosteinen — kein Kinderstreich, sondern Kunst. Die Arbeit des Künstlers Jan Vormann entstand für das Cityleaks Festival 2011 und war das einzige Werk im Programm, das den Sprung von der Zwei- in die Dreidimen-sionalität wagte. Denn das erste »Cologne Urban Art Fes-tival« hatte sich noch ganz großflächigen Gemälden an Hauswänden und Mauern verschrieben. Aber kann, oder vielmehr: muss Kunst im öffentlichen Raum nicht mehr sein als Farbe auf öffentlich sichtbaren Flächen?

 

»Jeder öffentliche Raum benötigt Kunst, um die Kommunikation über poltische, soziale oder auch emotionale Themen anzuregen«, glaubt auch Georg Barringhaus, der bereits 2011 an dem biennalen Festival mitgewirkt hat und 2013 als künstlerischer Leiter für das Programm verantwortlich ist. »2011 hatten wir noch keine installativen Arbeiten auf der Straße. Damals war das Thema Murals, also Wandgemälde, für uns ganz groß«, räumt Barringhaus ein. Erfreulicherweise schließt der veranstaltende Verein Artrmx zur zweiten Ausgabe diese Lücke — ein bisschen so, wie Jan Vormann es damals mit der kaputten Stelle der Spielplatzwand getan hat. 

 

Dieses Jahr sind neben Muralisten auch Künstler ge-laden, die den Stadtraum als Bühne nutzen — schließlich beinhaltet die Urban Art auch darstellende und angewandte Kunstformen. Für den »Interacting Day« (am 13.9.) werden Performance, Tanz und Theater auf die Straße geholt. Das Kölner Klangfiguren-Kollektiv zeigt an der Fassade des Saturn-Hochhaus am Hansaring ein digitales Videomapping. »Mit unserem Projekt ›env blinds‹ wollen wir einen medialen Spiegel unserer Kölner Umgebung abbilden. Über eine Webanwendung wird es jedem Betrachter möglich sein, die Installation durch eigenes Bildmaterial mitzugestalten.«

 

Doch auch innerhalb der Wände dieser Stadt gibt es eine Menge Kunst zu gucken. Anne Scherer, die 2011 noch als Kuratorin für CityLeaks arbeitete, ist wieder mit dabei, diesmal als Galerie-Partner mit ihrem eigenen Kunstraum »Die Kunstagentin« an der Maastrichter Straße. Dort ist die Gruppenausstellung »Vivid Bunch« mit Arbeiten von SpY, Boris Hoppek, SatOne und Clemens Behr zu sehen. Graffiti-Geist, das geht auch in der Galerie, meint Scherer: »Die Kunst, die im öffentlichen Raum stattfindet, bleibt auch dort und wird nicht in Ausstellungsflächen gezeigt. Allerdings verbringen die ernstzunehmenden Künstler mindestens ebenso viel Zeit in ihren Ateliers, daher wollen sie natürlich ihre tatsächlichen Kunstwerke in einer angemessenen Ausstellung präsentieren.« Dass sie das Festival auch in diesem Jahr als Partnerin unterstützt, ist für sie eine Selbstverständlichkeit: »Das CityLeaks zählt bereits heute zu den größten Streetart Festivals in Deutschland. Für die Stadt Köln ist es ein hoher kultureller Zugewinn, der darüber hinaus international große Aufmerksamkeit auf die Metropole am Rhein zieht. Das Interesse am CityLeaks hat gezeigt, dass die Kölner das Angebot rund um die Kunst im öffentlichen Raum begeistert annehmen.«

 

Wer sich nun fragt, wie all diese Künstler auf ihre Ideen kommen, der sollte sich die »Urban Hacking -Academy« vormerken. Die dreitägige Workshop-Reihe wurde mit Alan Bieber, der den Blog Rebelart betreibt, konzipiert und bietet Kurse mit verschiedenen Festivalkünstlern zu Theorie und Praxis der Intervention im öffentlichen Raum an.