Gruppen- und Suppentherapieparty

Das ANALOG Theater will wissen, wofür es sich zu sterben lohnt

Zu wissen, wofür es sich zu sterben lohnt, impliziert zu wissen, wofür zu leben: Diesen Gedanken legt Regisseur Daniel Schüßler seiner neuen Arbeit »Being Philotas« zugrunde. Ideengeber für das angekündigte musiktheatralische performative Mysterienspiel ist Lessings Einakter »Philotas« aus dem Jahr 1759, in dem sich ein junger Mann fürs Vaterland opfert. Durch Übermut gerät der junge Prinz Philotas in Gefangenschaft eines feindlichen Königs. Dessen Sohn wiederum befindet sich in der Gewalt von Philotas Vater. Um diesem einen Vorteil zu verschaffen, tötet Philotas sich selbst.

 

Damit ist der Sohn des Gegners die einzige Geisel. Woher stammt der Mut, der Rausch, Opfer zu bringen? Und woher kommen Gefühle, die solche Energien unterdrücken?

 

Lessings Bühnenheld kam jüngst schon einmal zum Einsatz als der Schriftsteller Navid Kerma-ni letztes Jahr die Lessingtage im Ham-burger Thalia-Theater eröf-fne--te und mit Philotas, den Attentäter vom 11. September Mohammed Atta sowie Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos vom nationalsozialistischen Untergrund einer Prüfung ihrer Werte und Handlungsmotive unterzog. Kermanis Fazit war eben-so überraschend wie selten gedacht: Auch sie brachten Opfer, wie beim Königssohn sei an ihren Biografien die Unauffälligkeit das Auffällige.

 

Schüßler will mit seiner Gruppe ANALOG, ausgehend von Lessings Text, die Puzzleteile zusammentragen, die entschlüsseln, welche Energie dafür verantwortlich ist, das Menschen für eine Sache brennen. Dazu will das Ensemble mit Rausch, Auflösung, Ekstase, Gruppen- und Suppentherapie experimentieren. Die Konvention des traditionellen Theaterraums wird aufgebrochen. Der ganze Raum, in dem weiße Pappbäume verteilt herumstehen, wird Teil des Geschehens.

 

In diesem Märchenwald befinden sich eine Bar und eine Suppenküche, in der sich der Zuschauer jeder--zeit bedienen kann. Momente, in denen das Publikum ins Gespräch kommen und den Raum erkunden soll, wechseln sich mit szenisch ausgearbeiteten Passagen ab, in denen immer wieder die Grundidee der Figur Philotas als gesellschaftliches Ideal eines enthusiastischen Patriotismus anklingt. Dorothea Förtsch und Mirco Monshausen stehen Schüßler während des Abends als Performer zur Seite. Den Soundtrack steuert das Düssel-dorfer Klangkollektiv Weltausstellung bei. Auf die Ohren gibt es ab-strakte Klangkompositionen, aber auch poppige Mitsinglieder. »Es soll eine Party sein«, so Regisseur Schüßler.