Alles im Takt

Bollywood-Musical: »Sometimes Happy, Sometimes Sad« von Karan Johar

Rahul möchte Anjali heiraten, doch sein Vater Yashovardhan verweigert ihm seinen Segen, sehr zum Leidwesen seiner Mutter Nandini. Doch Rahul und Anjali heiraten trotzdem und ziehen nach London. Jahre später will Rahuls kleiner Bruder Rohan die Familie wieder zusammenführen: Er zieht inkognito nach London und macht sich daran, seinen Bruder auf den Pfad der Versöhnung mit dem Vater zu bringen.
Als »Sometimes Happy, Sometimes Sad« letztes Jahr im Rahmen einer Bollywood-Reihe im Kino 813 lief, tobte der fast ausverkaufte Saal: Alles schwang im Rhythmus der Tanz- und Gesangsnummern, ein Szenenapplaus nach dem anderen, Herzschmerztränen flossen – Reaktionen auf authentisch artifizielles, barockes Unterhaltungskino aus Bombay. »Sometimes Happy, Sometimes Sad« hat alles, was man hier von einem Bollywood-Film erwartet: Er hat selbstzweckhafte, unendlich lange Tanz- und Gesangsnummern, und alles ist schön und bunt.
Der Film ist aber auch, wie alle Werke des Bollyblockbuster-Jungtürken-Triumphirats Karan Johar, Aditya Chopra und Sooraj Barjatya, ein Paradebeispiel für den neuen Konservativismus des Bollywood-Kinos: In einer abstrakt-realitätsfernen Welt werden die Werte der Familie, das Wort des Vaters, die alles überwindende Macht der Liebe gefeiert. Das zieht zum einen die indische Gemeinschaft rund um den Erdball zusammen und erhöht gleichzeitig das Identifikationspotential für die faszinierten Ausländer.
Der Konservativismus wird auch durch die selbstbezügliche Wahl der Vorbilder deutlich: Die Filme von Johar, Chopra und Barjatya sind eigentlich Filme über Filme, und die Liebesgeschichten sind eigentlich nur Spiegelungen ihrer Liebe zum Bollywood-Kino. In der ökonomischen Krise erinnert sich Bollywood seiner selbst, hängt nostalgisch einem Ideal nach, das es so nie erfüllt hat.
Johar, Chopra und Barjatya sind es auch, die die romantische Liebe wieder zum Blockbuster-Thema in Bollywood machten. Das Bollywood der 70er – die Jahre der sozialen Unruhen, kulminierend in der Verhängung des Ausnahmezustands – und der 80er – der Dekade der politischen Verwirrung, des besinnungslosen industriellen Aufbaus – charakterisierte ein Kino der Gewalt, des sozialen Außenseiters, dessen Ikone Amitabh Bachchan war. Wenn Bachchan nun in »Sometimes Happy, Sometimes Sad« den gesetzten Pater Familias gibt, ist mit ihm und wie er das Land zur Ruhe gekommen, hat zur »natürlichen Ordnung« gefunden. In den Filmen mag ein politisches Vakuum herrschen – die Filme selbst jedoch sind dadurch hochpolitisch.

Sometimes Happy, Sometimes Sad (Kabhi khushi khabie gham) IND 01, R: Karan Johar, D: Amitabh Bachchan, Shahrukh Khan, Kajol, 210 Min. Start: 10.4.