Negerkuss und Baströckchen

Der Kölner Verein »Kopfwelten« beschäftigt sich mit den Afrikabildern

der Deutschen – und dem daraus hervorgehenden alltäglichen Rassismus

Eines hat die umstrittene Ausstellung »Besondere Kennzeichen: Neger – Schwarze im NS-Staat« erreicht: Rassismus gegen Schwarze ist ein viel diskutiertes Thema in Köln. Die Ausstellung war Ende vergangenen Jahres im EL-DE-Haus zu sehen; nicht zuletzt wegen des reißerischen Titels war Projektleiter Peter Martin damals herber Kritik unter anderem durch die »Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland« (ISD) ausgesetzt.
Doch nicht erst seitdem beschäftigen sich auch andere mit dem Thema Rassismus gegen Schwarze. Vom 13. bis 15. Juni veranstalten die Vereine Kopfwelten, Kölner Appell gegen Rassismus und Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland die Konferenz »AfrikanerInnen in Deutschland und schwarze Deutsche – Geschichte und Gegenwart«. Die Präsentation der Jahrhunderte alten deutsch-afrikanischen Geschichte reicht von kolonialer Gewalt bis hin zur aktuellen Migration und richtet sich an ein breites Publikum.

Furcht vor dem Fremden

Während sich der Kölner Appell e.V. seit 1983 auf politischer und sozialer Ebene für die Gleichberechtigung aller Menschen einsetzt, beschäftigt sich Kopfwelten e.V. mit dem Ort, an dem Rassismus entsteht: in den Köpfen der Deutschen. Grundstein von Kopfwelten war ein Seminar zum Afrikabild in der populären deutschen Kultur, das die Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst 1999 an der Kölner Universität anbot. Das Seminar war eine Reaktion auf die zunehmende Ausländerfeindlichkeit Ende der 90er Jahre. »Faszination einerseits und andererseits die Furcht vor dem Fremden sind besonders stark ausgeprägt im Bezug auf Afrika«, erklärt Marianne Bechhaus-Gerst den ambivalten Umgang mit dem »schwarzen Kontinent«. Im Laufe eines Semesters und durch die engagierte Zusammenarbeit mit den StudentInnen sammelten sich Themen, aber auch Objekte wie der »Negerkuss« oder Karnevalskostüme wie das immer wieder gerne gewählte Baströckchen. Mit der Ausstellung »Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?« an der Universität wagten die SeminarteilnehmerInnen den Schritt an die Öffentlichkeit.
Die Gruppe entschied sich gegen die Thematisierung mit erhobenem Zeigefinger, statt dessen wollte sie »mit der Ausstellung ein Lachen provozieren, dass aber im Hals stecken bleibt.« Doch der Grat des Humors ist schmal. Oft sei es schwierig, »das darzustellen, was man selbst anprangert, denn schließlich will man ja keinen zweiten Verat an schwarzen Menschen begehen«, sagt Bechhaus-Gerst.

Ausstellung ist Selbstreflexion

Dennoch stieß die Ausstellung auf überraschend große Resonanz und positive Reaktionen auch von Menschen schwarzer Hautfarbe. Die Wissenschaftlerin führt das darauf zurück, dass nicht ein fremdes Thema einseitig von weißer Seite vereinnahmt wurde, sondern »die Ausstellung eine Selbstreflexion ist. Denn diese Afrikabilder sind ja wirklich unser Problem.«
An mehreren Schulen in Köln und im Umland war die Ausstellung seitdem zu sehen. Kopfwelten führt in die Thematik ein und entwickelt mit Schülern und Lehrern das nötige Fingerspitzengefühl, um an ihrer Schule durch die Ausstellung führen zu können. Da diese Arbeit zeitaufwendig ist und finanziert werden muss, hat sich die Gruppe inzwischen als Verein organisiert, der aus etwa einem Dutzend Mitgliedern besteht – hauptsächlich ehemalige Seminarteilnehmer. Schwarze Mitglieder hat der Verein bislang noch nicht.

Konferenz für den Dialog

Immer wieder muss der Verein feststellen, dass das Wissen in Deutschland über die geschichtliche Verknüpfung mit Afrika sehr begrenzt ist. »Die Kolonialgeschichte ist nicht im Bewußtsein der Deutschen verankert – oder in einer diffusen, romantisierenden Art und Weise«, berichtet Marianne Bechhaus-Gerst. Für die meisten beginne die Wahrnehmung von Afrikanern erst mit den modernen Migranten.
Durch eine Kopfwelten-Vortragsreihe zur deutsch-afrikanischen Begegnung fiel Klaus Jünschke vom Kölner Appell auf, dass sich viele Themen mit der eigenen Arbeit überschneiden. Der Dialog und die heftige Diskussion, unter anderem mit der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD), um die Ausstellung im EL-DE Haus führten schließlich zur Planung der nun stattfindenden gemeinsamen Konferenz. Sascha Zinflou von der ISD wird ebenso einen Vortrag halten wie Nicola Lauré al-Samarai, die an der Ausstellung des ebenfalls anwesenden Leiters Peter Martin den fehlenden Dialog mit Betroffenen kritisiert hatte.
Auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat inzwischen erkannt: Das Afrikabild der Deutschen und der daraus hervorgehende alltägliche Rassismus sind ein dringliches Thema. Über drei Jahre sollen nun Projekte gefördert werden mit dem Ziel, das deutsche Bild von Afrika nachhaltig zu verändern. Auch Kopfwelten und die ISD haben Projektvorschläge eingereicht. »Rassismus hat sehr viel mit der Angst zu tun, sich nicht abgrenzen zu können, seine eigenen Identität zu verlieren«, sagt Bechhaus-Gerst. »Und Afrikaner werden natürlich besonders leicht aufgrund ihrer Hautfarbe als das Fremde ausgemacht.« Die Konferenz soll helfen, diese Stigmatisierung aufzubrechen.

Info
Konferenz »AfrikanerInnen in Deutschland und schwarze Deutsche – Geschichte und Gegenwart« vom 13.6. bis 15.6. im EL-DE-Haus
Anmeldung für die Konferenz (15 Euro) bis
3. Juni unter Tel. 02 21 – 952 11 99 oder E-Mail
koelner.appell@t-online.de.
Konferenz-Programm und weitere Informationen: www.kopfwelten.org