Thomas Pynchon »Bleeding Edge«

Thomas Pynchon hat ein Buch über das Internet geschrieben. Das passt gut, denn wie das Internet selbst waren seine Romane immer ein verzweigtes Gebilde aus obskurem Wissen und so noch nicht gedachten Querverweisen. »Bleeding Edge« spielt in der New Yorker Start-Up-Szene zwischen Dotcom-Crash und 9/11, im Mittelpunkt steht die Jagd einer Privatermittlerin auf einen obskuren Software-Tycoon. Wie immer ist der Plot bei Pynchon letztlich Nebensache, dafür rücken Details und Charakterisierungen in den Vordergrund.

 

Die Figuren wirken wie Kopien bekannter Digitallauttöner, ihre Sprache besteht aus Fragmenten der Medientheorie der Jahrtausendwende. Es ist beeindruckend, wie gut Pynchon diesen speziellen Slang aus Technologie-Euphorie und philosophischem Halbwissen abbildet, auch wenn seine redundant formulierten Sätze die Freude über seine Wortschöpfungen nicht gerade erleichtern. Trotzdem — an »Bleeding Edge« zeigt sich exemplarisch das größte Problem von Romanen über das Internet. Warum ein Buch aufschlagen, wenn man abwegige Verästelungen und Spracheuphorie mit ein paar Klicks live und in Echtzeit haben kann? 

Jonathan Cape 2013, 496 Seiten, 22,35 Euro