Foto: Manfred Wegener

Restart!

Und er bewegt sich doch:

Neues vom Kölner Zeitungsmarkt

Solche Probleme hätten wir gern: Während in hiesigen Gefilden ein einziger Verleger mit drei schmalen Blättern den gesamten lokalen Zeitungsmarkt beherrschen darf, soll in der weitaus reicheren Berliner Presse-Szenerie schon die Kooperation zweier Abonnement-Zeitungen verwerflich sein? Der Holtzbrinck-Verlag, so der Hintergrund, möchte die kürzlich erworbene Berliner Zeitung mit dem defizitären Tagesspiegel fusionieren. Nachdem das Unterfangen jedoch vom Kartellamt untersagt wurde, hofft man bei Holtzbrinck nun auf die Sondergenehmigung von Wirtschaftsminister Clement. Die Chancen sollten eigentlich nicht schlecht stehen, immerhin existieren mit taz, Neues Deutschland, Morgenpost oder dem Berliner Kurier Alternativen, die man in Kölle zum Beispiel vergeblich sucht.

Modell im Dumont-Stil

Und doch könnte der Berliner »Zeitungskrieg« eine kölsche Pointe bekommen. So hat Minister Clement beschlossen, erst im Juni über den Fall abschließend zu entscheiden und zuvor den Holtzbrinck-Verlag in die Pflicht zu nehmen: Dieser soll einen Käufer finden für den defizitären Tagesspiegel (Auflage: 139.000) und damit das kartellrechtliche Problem umgehen. Mit der Suche hat Holtzbrinck inzwischen das Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim beauftragt – und das muss eventuell nicht weit in die Ferne schweifen.
Baron Alfred Freiherr von Oppenheim ist immerhin im Aufsichtsrat des Kölner Verlags Dumont Schauberg, und auch sonst hat man in der Vergangenheit so manches Ding gemeinsam gestemmt. Ganz zufällig hatten sich im April auch die beiden Dumont-Chefs Konstantin Neven Dumont und Christian Dumont Schütte im Handelsblatt geäußert. Wenn in Berlin ein wirtschaftlich tragfähiges Modell aufgesetzt würde, denke man auch darüber nach, verhießen sie umständlich ein mögliches Engagement auf dem Berliner Zeitungsmarkt. Wie stünde sie dem Tagesspiegel wohl zu Gesicht, die wirtschaftliche Tragfähigkeit im Dumont-Stil?

Tägliche taz NRW

In Berlin keimen noch weitere Hoffnungen für die karge Kölner Zeitungswelt: Die tägliche taz NRW mit Köln-Teil, sie soll nun wirklich kommen – wenn auch nicht gleich. In den Sommerferien, so der Plan, pausiert zunächst die bisherige wöchentliche NRW-Beilage zwecks intensiver Vorbereitung, im Oktober soll dann die tägliche taz probeweise im Internet erscheinen. Ab November gibt’s sie dann endlich auf Papier – wenn alles klappt. Der Termin gilt als echte Todeslinie: Sollte es nicht gelingen, dass Projekt bis dahin zu realisieren, wird wohl nimmermehr was draus. Um 5000 Exemplare, so der ehrgeizige Plan, soll die Auflage in NRW in den kommenden fünf Jahren mit Hilfe des Lokalteils gesteigert werden. Zum Aufbau dieses und anderer neuer Geschäftsbereiche hatte das Berliner Mutterhaus im April die lange angekündigte Entwicklungs-kommanditgesellschaft an den Start gebracht.

Wächterpreis

Der Kölner Stadt-Anzeiger machte uns zuletzt allerdings glauben, es brauche nicht unbedingt weitere Organe in der hiesigen Presselandschaft. Den renommierten »Wächterpreis der Tagespresse« bekam die Redaktion des Dumont-Blattes überreicht, genauer: die Herren Peter Berger, Andreas Damm und Axel Spilcker. Gewürdigt wurde ihre »konsequente und aufdeckende Berichterstattung« über die Kölner SPD-Spendenaffäre und den Müllskandal, so die Begründung der Jury.
Wir gratulieren, keine Frage, so häufig kriegen wir keinen Zeitungs-Preis in die Region. Zuletzt war es 1996 der »Goldene Maulkorb«, den die IG Medien an den Verleger Alfred Neven Dumont verlieh – für seine Verdienste um die Pressefreiheit, und weil er wieder mal einen Redakteur gekündigt hatte. Hartmut Schergel, so wurde seinerzeit zum Hintergrund berichtet, hatte einen Artikel in die Reisebeilage gesetzt, der sich kritisch mit den wirtschaftlichen Verflechtungen des Dumont-Reisebuchverlags mit einem Reisebüro befasste. »Die Medien, Wächter oder Verdächtige?«, hieß denn auch der Festvortrag von Professor Winfried Hassemer anlässlich der Verleihung des Wächterpreises – ein viel sagendes Lächeln können wir dem Festredner von hier aus nur andichten, wir waren ja nicht dabei.

Das Ende der Superlative

Dabeisein heißt es in Kürze aber wieder beim Kölner Medienforum. Nach dem Boom ist vor dem Boom, man trifft sich auf dem Medienforu(h)m, texten alert die Macher des alljährlichen Kölner Mediengipfels. Vom 22. bis zum 25. Juni sollen sich internationale Medienarbeiter zum Netzwerken einfinden. Der »bedeutende europäische Medienkongress« – hier regierte früher auch schonmal der Superlativ – hat allerdings deutlich abgespeckt: Sparen muss man und hat außerdem der Kritik an früheren Veranstaltungen nachgegeben. »Restart« ist das Oberthema, und massiv wird »Jetzt-aber-mal-ehrlich«-Rhetorik in Anschlag gebracht: »Die Propheten haben Ruhe, die Realisten sind zurück.« Realistisch muss allerdings auch in Zweifel gezogen werden, dass die Teilnehmerzahlen der letzten Jahre auch nur annähernd erreicht werden. Auch international geht der Trend derzeit zu Branchen-Treffs ohne potente Sponsoren und viele zahlende Besucher. Support your local Medienforum!

Das Programm gibt es wie immer unter www.medienforum.nrw.de