Michael Jäger: einszumanderen

Es sind nur sechs Bilder, aber sie zu sehen, sie gar zu überblicken, wäre eine epische Angelegenheit. Denn jedes bietet auf seine Weise mannigfaltige Anlässe zum Lust- und Erkenntnisgewinn. Michael Jäger (geboren 1956) ist Sammler: Sammler von Farben, Farbkonstellationen, Farbunordnungen und -anordnungen, ihren unterschiedlichen Oberflächen und Zuständen, der ungeheuren Fülle ihrer Erscheinungen. In seinen Bildern transformiert Jäger die Früchte dieses Sammelns in Malerei und breitet sie verschwenderisch und zugleich diszipliniert aus.

 

Dabei stehen ihm so ziemlich alle Spielarten ungegenständlicher Malerei in Geschichte und Gegenwart zur Verfügung. Jäger nutzt sie, um die Mischkosmen seiner Bilder als kontrollierte Exzesse des Sichtbaren zu organisieren. Der Reichtum und das Raffinement ihrer Details, ihre Brüche, Schnitte und Sprünge, die Anknüpfungen und Verflechtungen, die gefundenen und erfundenen Strukturen, die Zitate und Anspielungen lassen jede Beschreibung kleinlaut scheitern. Diese Bilder gehören vor allem dem Sehen.

 

Trotz ihrer forcierten Gleichzeitigkeit des Verschiedensten zeigt sich jede der sechs eigens für die Ausstellung in der Artothek gemalten Arbeiten als schlüssiges Bildgefüge. Eigentümlich und ausbalanciert sind sie als Gesamtgemenge aufgebaut. Flächige Farbklammern, rahmende Ruhezonen fungieren als Gegengewicht der kleinteiligen, ereignisfreudigen Bereiche. Zudem bindet die von Michael Jäger seit Jahrzehnten praktizierte Hinterglasmalerei die Diversität seiner Bildfindungen zusammen: Alles Gemalte, alle Farbe — eine Mischung aus Lacken und Ölfarbe — befindet sich hinter einer transparenten Acrylglasplatte. Ihre spiegelnde Oberfläche erzeugt über alle Unterschiede hinweg eine Kontinuität des Sichtbaren.

 

Michael Jägers Bilder sind — das zeigen die zahlreichen Fotografien des Künstlers in den ausliegenden Katalogen — keineswegs um sich selbst kreisende »Malereimalereien«, sondern voller Bezüge zur wirklichen Welt, Übersetzungen von gesehener Vielfalt und deren Verdichtung im Bild, als Bild.