Frankophilie beim Deutschlandradio, Tarifflucht bei DuMont — und keine Grimme-Preise für die Großen

Watchdog — Die StadtRevue-Medienkolumne

Das Deutschlandradio feierte kürzlich seinen 20. Geburtstag. Doch den Mitarbeitern am Raderberggürtel ist in diesen Tagen nicht nach Feiern zumute. Die anstehende Programmreform findet keineswegs die Zustimmung aller Mitarbeiter. Doch das wurde zur Marginalie angesichts des Abschiedsbriefs eines Kollegen aus dem Ressort Zentrale Aufgaben. In dem Offenen Brief vom 26. März an den Deutschlandradio-Intendanten Will Steul heißt es: »Trotz der Arbeit der Geschäftsleitung machen die Kolleginnen und Kollegen in Technik und Redaktion immer noch ein gutes Programm, die interne betriebswirtschaftliche Verfassung von Deutschlandradio dagegen wird zunehmend desaströser.« Auf zwei Seiten wird Steul vorgeworfen, Millionenschäden mit Gebührengeldern zu verursachen. Um dies zu kaschieren, so ein weiterer Vorwurf, umgebe sich der Intendant mit Kräften, deren Kompetenz äußerst fragwürdig sei. Der Verfasser des Briefs sieht als personelles »Auswahlkriterium nur strenge christlich religiöse Verhaftung, Frankophilie oder die Karriere-Rettung aus korrupten Sümpfen wie kürzlich dem ADAC.« Über diese Zustände, so der Mitarbeiter, sei er »physisch und psychisch krank geworden.« Einen anschließenden Suizidversuch hat der Mitarbeiter überlebt, dem in zahlreichen Kommentaren im Intranet von Dradio beigepflichtet und gedankt wird, und dessen Schicksal endlich zu einer neuen Kommunikations- und Betriebskultur im Hause führen müsse.

 

Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau planen zum 1. Juni die Zusammenlegung der Lokalredaktionen Rhein-Erft, Rhein-Berg, Rhein-Sieg und Euskirchen/Eifel unter dem Dach der neuen Rheinischen Redaktionsgemeinschaft GmbH. Diese GmbH als Tochterunternehmen der beiden Zeitungsverlage solle wie eine Nachrichtenagentur arbeiten und Inhalte anbieten, die beide Titel dann unterschiedlich nutzen könnten, so Verlagssprecher. Dieses Modell scheint so effizient zu sein, dass gleich 30 Stellen wegfallen. Nicht nur das, die neue GmbH ist auch nicht tarifgebunden. Die Deutsche Journalistinnen und Journalisten-Union in ver.di NRW kritisiert diese Entscheidung heftig und spricht bereits von »Tarifflucht«. Kritisiert wird überdies die publizistische Konsequenz: Das Geschäftsmodell »zwei Zeitungstitel mit gleichen Inhalten« den Leserinnen und Lesern als »vielfältigen und kompetenten Qualitätsjournalismus« zu verkaufen, so die Gewerkschaft, sei ein medienpolitisches Desaster.

 

In den abgelegensten Nischen in Gestalt von Spartensendern suchen und finden Menschen in Marl seit jeher die schönsten Preziosen. Und einmal im Jahr wird den allerschönsten Entdeckungen mit dem Grimme-Preis gehuldigt. Das soll im besten Fall gleich mehrere schöne Effekte zeitigen: Dieser Fernsehpreis besitzt größtes Renommee und ein jeder Fernsehverantwortliche möge sich dreimal auf seiner Planstelle umdrehen, bevor er es wagt, einem Grimme-Preisträger die Scheinwerfer  auszuschalten. Ganz im Gegenteil sollen die Macher ermuntert werden, ihre Nische weiterhin so schön zu hegen, auf dass noch mehr feines Programm dort gedeihe. Im besten Fall wuchert der Mut und die Kreativität sogar aus der Nische hinüber zu den großen Sendern und verbreitet sich hinter den Senderfassaden wie Wilder Wein. Doch das sind nur vage Hoffnungen, denn die großen Sender gingen einmal mehr ohne Preise heim. Weder ARD noch RTL, weder SAT1 noch ZDF wurden mit Preisen bedacht. Über Grimme-Preise freuen durfte sich ­hingegen ProSieben und sein Circus Halligalli mit Joko und Klaas; ARTE wurde je zweimal in den Kategorien Fiktion und Information bedacht, und auch die Produktionsfirma bildundtonfabrik aus Köln- Ehrenfeld war unter den Gewinnern. Nach einer Nominierung im vergangenen Jahr gab es jetzt  zudem für das Format Neo Magazin mit Jan Böhmermann einen Grimme-Preis in der Kategorie Unterhaltung. »Irgendwo zwischen Late Night, Satire, Dadaismus und Unterhaltung mit Haltung weist ­Böhmermann der digitalen Generation den Weg«, heißt es in der Begründung der Jury. Darüber freute sich auch die Kölner Kunsthochschule für Medien, zu deren Absolventen die ausgezeichneten Produzenten des Neo Magazins ­Philipp Käßbohrer und Matthias Schulz zählen.