Think positiv: Die neue Amtschefin Barbara Foerster | Foto: Stadt Köln

„Ich nehme viel Aufbruch wahr“

Im Frühjahr trat Barbara Foerster die Nachfolge für Konrad Schmidt-Werthern als Chefin des Kölner Kulturamts an. Wir haben mit ihr über die Kölner Kunstszene gesprochen.

Ein Kulturamt ist ja eigentlich ein Widerspruch in sich – aber ohne Amtsstuben keine städtische Förderung für Künstler, Projekträume, Festivals und Ateliers, kein Kulturentwicklungsplan, keine Stipendien. Als Teil der Kölner Stadtverwaltung ist das Kulturamt für die sogenannte „Freie Szene“ aller Sparten zuständig und der Kulturdezernentin unterstellt. Im Frühjahr trat Barbara Foerster die Nachfolge für Konrad Schmidt-Werthern als Chefin des Kulturamts an, das sie schon gut von innen kennt: Die letzten sechs Jahre war sie dort Referentin für Bildende Kunst, Films, Literatur und Neue Medien. Wir haben mit ihr über die Kölner Kunstszene gesprochen und wollten wissen: Geht da noch was?

 

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Stadtrevue: Ihre neue Aufgabe ist vielfältig und umfasst nun alle Ressorts - wie verstehen Sie Ihre Rolle und wo setzen Sie ihr Hauptziel?

 

Barbara Foerster: Kunst und Kultur besitzen für mich eine zentrale Rolle für die Stadtentwicklung. Sie sind ein Spielfeld, auf dem nicht nur globale gesellschaftliche Themen, sondern auch konkrete Themen einer Stadt thematisiert, analysiert, besprochen werden. Diesen Laborcharakter der Kunst möchte ich gerne zusammen mit den Künstlerinnen und Künstler, den Initiativen und Projekten in alle Teile der Stadtgesellschaft tragen. Das Kulturamt sollte sich also möglichst als Vermittler zu allen Ebenen verstehen – zur restlichen Stadtverwaltung, zu den Künstlern,  zu politischen Vertretern, und selbstverständlich zu den Kölner Bürgern. Köln könnte mit dieser Rolle der Kunst häufig noch viel selbstbewusster und selbstverständlicher umgehen umgehen – ohne die Kunst natürlich als Mittel zum Zweck zu missbrauchen. Weiterhin bleiben für mich wichtige Themen: Interkultur, Vermittlung und spartenübergreifende Ansätze.

 

Sprechen wir über die sogenannte freie Kunstszene in Köln, für die Sie ja bisher verantwortlich waren: Wo sehen Sie die aktuell?

 

Ich nehme sehr viel Aufbruch war. Wenn vor fünf sechs Jahren eine kleine Depression zu spüren war, ist diese – glaube ich – passé. Dieses Selbstbewusstsein muss unbedingt wertgeschätzt und gestützt werden. Durch Freiräume.

 

Welche Initiativen oder Kunsträume finden Sie persönlich im Moment besonders interessant – und damit auch besonders förderungswürdig?

 

Oh, das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil die Kunstszene viele spannende Player hat, die sehr unterschiedlich aufgestellt und strukturiert sind. Ich bin sehr gespannt auf das Programm des neuen Direktors des Kölnischen Kunstvereins Moritz Wesseler für dieses Jahr, das wichtige Jubiläumsjahr des Kunstvereins. Die aktuelle Ausstellung mit dem schwedischen Künstlerduo Nathalie Djurberg und Hans Berg gefällt mir sehr, sie ist intelligent, verspielt und setzt starke visuelle Akzente. Daneben ist nun hochspannend, wie die Temporary Gallery sich mit ihrem Ausstellungsprogramm und dem neuem Beratungsangebot für Projekte und Künstler als Zentrum in Köln weiter positioniert. Außerdem geht es am Ebertplatz mit den zu einem Verein vereinten drei Räumen Bruch & Dallas, Boutique und Gold + Beton sehr gut gemeinsam weiter. Und ich bin neugierig, was sich der neue Kurator des Kunsthaus Rhenania, Nils-Arne Kässens, für diesen mehrspartigen Showroom überlegt hat. Ich beglückwünsche den BBK zu seiner vielversprechend begonnenen Bespielung der neuen Räume in der Mathiasstraße. Zudem bin ich ein großer Fan von SSZ Süd am Südbahnhof, weil dieser eher kleine Raum um den Künstler Alexander Basile ein sehr striktes Konzept durchzieht: es werden ausschließlich auf den SSZ-Raum bezogene Projekte gezeigt. Oder Videonale Scoup, das schon im letzten Jahr dank unserer Förderung die Schnittstelle zwischen Film und Kunst beleuchtet hat, da schließt sich auch der Kreis zur Film Cologne auf der diesjährigen Art Cologne.

 

Wo besteht akuter Handlungsbedarf, oder direkter: Was sind die Probleme?

 

Das Förderkonzept Bildende Kunst formuliert ja bereits die nötigen nächsten Schritte für eine Stärkung der Kunstszene. In Planung sind eine Produktionsförderung, als flexible, kurzfristige Förderung der Produktion von künstlerischen Arbeiten oder kunstwissenschaftlichen sowie kunstkritischen Projekten. Außerdem ein Mietzuschuss für neue Off-Kunsträume. Für beide Instrumente bedarf es allerdings noch eines zusätzlichen Förderbudgets, für das wir allerdings noch politische Mehrheiten finden müssen.

 

Wie geht es weiter mit der Artothek? Neben dem Ausleihservice ist sie ja auch ein wichtiger städtischer Ausstellungsraum und die langjährige Leiterin Christiane Dinges geht jetzt in den Ruhestand. Ist die Nachfolge schon geklärt, welche Pläne oder Veränderungen gibt es für die Zukunft?

 

Ja, die Nachfolge ist geklärt. Die neue Leitung wird zum 1. Juni starten. Leider kann ich aber noch keinen Namen nennen. Neue Projekte und Veränderung wird es geben, aber das wird zusammen mit der neuen Leitung geplant. Da möchte ich nicht vorgreifen.

 

Zu einer produktiven Basis gehören erschwingliche Ateliers, auch um Köln für junge Künstler attraktiv zu machen. Gibt es genug?

 

Nein, sicherlich ist da immer noch Spielraum nach oben. Deshalb haben wir auch „Mietzuschüsse“ für Ateliers eingerichtet, die das Kulturamt übrigens wieder im Sommer neu ausschreibt.

 

Was werden Sie anders machen als Ihr Vorgänger?

 

Bestimmt ganz viel. Und nicht, weil ich finde, dass Dr. Konrad Schmidt-Werthern seine Arbeit nicht gut gemacht hat, im Gegenteil. Ich habe sehr gerne mit ihm zusammengearbeitet; aus meiner Sicht hat er sehr viel bewirkt. Ich habe aber natürlich einen ganz anderen Background, ich komme als Referentin aus dem Kulturamt. Diese Innensicht möchte ich nutzen: um stärker an Abläufen und Strukturen zu feilen, die die Bedingungen von Kunstförderung hier in der Stadt bestimmen. Sie sollten auf den Prüfstein, um gemeinsam mit meinen Kollegen im Kulturamt, im Dezernat und weiteren Ämtern, mit der Szene, mit der Politik Fortschritte zu erzielen. Mein Wunsch ist, dass Künstlerinnen und Künstler, Veranstalter und Initiativen noch mehr Kapazität haben für ihre Konzepte und Projekte und weniger Zeit aufwenden müssen, um Zuschüsse abzuwickeln. Außerdem bringe ich durch meine Biografie als Kunsthistorikerin, Journalistin und Kunstkritikerin, zuletzt als wissenschaftliche Referentin, natürlich einen eigenen Kunst- bzw. Kulturbegriff mit. Der ist natürlich anders als bei meinem Vorgänger, der Jurist war. Das führt aber hoffentlich zu vielen interessanten Gesprächen und neuen Impulsen.

 

Durch Ihren Aufstieg gibt es auch eine Vakanz, und die Kunstszene interessiert natürlich sehr, wer jetzt Ihre Nachfolge antritt: Was ist der aktuelle Stand?

 

Das Wiederbesetzungsverfahren für die Referentenstelle Bildende Kunst, Literatur und neue Medien läuft. Geplant ist eine Ausschreibung vor der Sommerpause.

 


Zur Person: Barbara Foerster


Die 1970 geborene Kunsthistorikerin war seit Anfang 2008 wissenschaftliche Referentin in dem Amt, das sie jetzt leitet. In dieser Funktion verantwortete sie die Förderung von Projekten, Initiativen und Einrichtungen der Bildenden Kunst, des Films, der Literatur und der Neuen Medien. Ihr Referat betreut auch die Atelierförderung, seit 2009 ist ihm außerdem die artothek – Raum für junge Kunst zugeordnet.

 

Foerster hat wesentliche Veränderungen im kulturellen Veranstaltungsangebot der Freien Szene initiiert, realisiert oder begleitet. So konnte sich die artothek durch ein schärferes inhaltliches Profil, die Modernisierung der Räume und eine neue Internet- Präsenz der Sammlung stärker positionieren. Auch der neue Atelierkomplex „Quartier am Hafen“, der die Ateliersituation der Stadt entscheidend verbesserte, eröffnete unter ihrer Ägide.

 

Foerster brachte neue Einrichtungen und Vorhaben wie die „Temporary Gallery Cologne“ oder „DC Open“ mit auf den Weg, indem sie Fördermittel vom Land NRW gewinnen konnte. Mit Artist-in-Residence-Projekten wie dem „Atelier Galata“ in Istanbul oder dem Stipendium „Kunst und Dokumentation“ Köln/Beirut setzte Foerster außerdem besondere Impulse für die internationale Ausstrahlung und Vernetzung der Stadt. Als Filmkulturreferentin initiierte sie Projekte wie die „Kölner Kinonächte“ und „CineCologne“.

 

Bevor sie als wissenschaftliche Referentin bei der Stadt Köln anfing, arbeitete Barbara Foerster fünf Jahre als Redakteurin im Kulturressort des Mannheimer Morgen. Daneben schrieb sie als freie Mitarbeiterin für das Kunstforum International, den Kunstmarkt des Handelsblatts und die Wirtschaftszeitung GELDidee. Als Redakteurin baute sie zudem zwischen 1999 und 2001 die Kunsthistorischen Arbeitsblätter des Deubner-Verlags mit auf.

 

„Barbara Foerster hat durch ihre Innovationskraft und Klarheit die Auswahlkommission hundertprozentig überzeugt. Ich bin mir sicher, dass wir mit ihr die Freie Szene der Kulturstadt Köln weiter an die Spitze führen können“, unterstreicht Kölns Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach die Entscheidung. Die externe Ausschreibung hatte über 130 Bewerbungen nach sich gezogen.

(Pressemitteilung der Stadt Köln vom 25.2.)