»Es gibt immer was zu tun« – neues AZ an der Luxemburger Straße | Foto: Manfred Wegener

Umzug nach Vorschrift

Das Autonome Zentrum zieht vom Eifelwall an die Luxemburger Straße

Bauschutt überall, draußen wie drinnen. Herausgerissene Wände, herumliegende Türen. Aus einer Ecke dröhnt der Lärm eines Bohrers, vom Hof das Soundsystem. Die Sonne scheint, ein paar Menschen haben es sich auf einem Sofa im Innenhof gemütlich gemacht und rauchen Selbstgedrehte. Neben dem Sofa steht ein dunkler BMW mit dem Kennzeichen AC-AB.

 

Samstagvormittag, Bauwochenende an der Luxemburger Straße 93. Hier liegt die Zukunft des Autonomen Zentrums. Der zweite Umzug innerhalb eines Jahres steht an: Erst im vergangenen Juli waren die Aktivisten aus Kalk ins ehemalige Lebensmittelamt an den Eifelwall gezogen. Nun müssen sie plangemäß wieder raus, um Platz für den Neubau des Historischen Archivs zu machen. Stattdessen geht es nun hier weiter, im ehemaligen Kanalbauamt. Zumindest bis Ende 2018, bevor dieses Haus wie im städtebaulichen Masterplan vorgesehen einer Grünfläche weichen muss.

 

Monatelang hatten die Aktivisten mit Stadtdirektor Guido Kahlen und Vertretern des Bauaufsichtsamtes über einen mietfreien Nutzungsvertrag verhandelt, bei dem die Betreiber lediglich für die Nebenkosten aufkommen. Unterzeichnet ist der Vertrag noch nicht, aber auf die Inhalte habe man sich geeinigt, heißt es aus dem AZ und dem Büro des Stadtdirektors. Der Bauantrag für den Umbau befindet sich derzeit beim Bauaufsichtsamt in Bearbeitung. »Ich sehe da im Moment keine schwerwiegenden Hinderungsgründe«, so Ralph Zielinski vom Bauaufsichtsamt. Sofern der Antrag genehmigt wird, könne »der Termin zur Vertragsunterzeichnung vereinbart werden«, erklärt Stadtdirektor Kahlen.

 

Bei den Beitreibern hofft man auf eine baldige Einigung. Wenn alles glatt läuft, wollen sie bereits Ende Juli mit der ersten Veranstaltung durchstarten. »Ein ganzes Eröffnungswochenende, mit vielen Bands«, sagt Jens.

 

Vorher wartet allerdings noch eine Menge Arbeit. »Das Gebäude ist noch ein bisschen baufälliger als die Kantine an der Wiersbergstraße in Kalk«, schätzt Jens. Zunächst wollen sie das ebenerdige Geschoss herrichten, dann das obere Stockwerk. Den Keller werden sie nicht nutzen — zu teuer. Alleine eine Belüftungsanlage beliefe sich auf 40.000 Euro. »Wenn wir für zehn oder 20 Jahre planen könnten, wäre das was anderes. Aber so können wir das niemals refinanzieren«, sagt er.

 

Abgesehen davon sind alle begeistert vom neuen Gebäude. Es wird einen großen Konzertraum für 180 Menschen geben, ein ebenso großzügiges Café, beides durch eine Rampe barrierefrei. Die Vorteile im Vergleich zum Eifelwall liegen auf der Hand. Größere Veranstaltungen waren dort nicht möglich. »Da haben wir wenig Geld eingenommen, das hat sich bemerkbar gemacht. Die Druck­kosten für das Monatsprogramm konnten wir uns seither nicht mehr leisten.« Auch einen Außenbereich hat es am Eifelwall nicht gegeben. Am neuen Standort können die Betreiber hingegen einen großen Innenhof nutzen, mit vielen Freiflächen für Street Art und Garagen für Ateliers und Werkstätten.

 

Es herrscht Aufbruchstimmung, nicht nur am Bau. »Es hat wieder mehr Hausbesetzercharme, wie in Kalk«, findet Jens. Kalk, das bedeutet für die meisten die gute alte Zeit. Um den Umzug im vergangenen Jahr, dem ein Deal mit der Stadt vorausging, gab und gibt es Auseinandersetzungen. »Einige Leute aus Kalk haben sich eine Auszeit genommen«, so Jens. »Die kommen nun teilweise wieder.« Max ist einer von denen, die nun wieder häufiger kommen wollen. »Ich habe nach der Wiersbergstraße ein bisschen Zeit gebraucht. Der Eifelwall war der größte Kompromiss. Es ist ein Haus, das wir nicht wollten.«

 

Die Konflikte sind immer noch präsent. Und die Grundsatzfragen: Wollen wir ein AZ in Köln um jeden Preis? Oder geht es um ein selbst gewähltes Haus, dort, wo man es für nötig erachtet? »Ich wohne immer noch in Kalk, im Norden. Und dort sehe ich, dass ein AZ gebraucht wird. Da laufen so viele Leute mit meinen alten T-Shirts rum, die sie aus dem Umsonstladen im AZ haben«, sagt Max. Andere möchten lieber ein Autonomes Zentrum langfristig etablieren, so wie in Aachen, wo 2013 schon der 20. Geburtstag gefeiert wurde. »Und in Köln hatten wir lange gar keins. Das kann doch nicht sein«, sagt Jens.

 

Auf einer der Garagen im Hof prangt ein großes Graffito mit den beiden Buchstaben AZ. Das Graffito ist nicht neu, sondern aus dem Jahr 1999. Damals war das seit langem leer stehende ehemalige Kanalbauamt bereits für ein paar Wochen besetzt. Es gibt unpassendere Vorgeschichten.

 

Von: Christian Steigels

 

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