Bernd Wilberg

Nachtisch #23

Feinkost? Nicht mein Bier!

Wenn es etwas gibt, dessen in--dus-trielle Fertigung sich ge--schmacklich rechtfertigen lässt, dann ist es Flaschenbier. Das schmeckt zwar nie so gut wie frisch vom Fass, aber fast immer besser als aus der Leitung. Denn die scheint in kaum einer Kneipe ordentlich gewartet zu sein. Und dann hat Kölsch einen modrigen Ton, oder es schmeckt seltsam metallisch.

 

Es ist derzeit zu bemerken, wie immer öfter sehr teure Flaschenbiere als Spezialitäten in Supermärkten, Feinkostabteilungen und auf den Karten teurer Restaurants platziert werden. Wie kommt das? Sind Biertrinker nun zu Snobs geworden? Nein. Dahinter steckt vor allem eines: Die Bierbranche ringt darum, im Hochpreissegment Fuß zu fassen.

 

Und deshalb wird zunehmend Bier als edles Produkt inszeniert. Das ist bislang bei vielen alltäglichen Lebens- und Genussmitteln geglückt. Es begann mit kaltgepresstem Olivenöl, damals noch keine Selbstverständlichkeit. Dann verbreiteten Kaffeeröster den Kult um Latte macchiato und Cappuccino (und die Haushaltswarenhersteller bewarben schlau die entsprechenden Hightech-Maschinen). Es folgten edel verpackte Döschen mit Fleur de sel sowie Flaschen hochwertigen Essigs, und seitdem wird in Deutschland auf alles Balsamico gekippt. Dennoch: In sämtlichen Fällen geht das an, solange es nicht nur teurer ist, sondern auch besser schmeckt.

 

Nun also Bier. Schon lange tüfteln Bierbrauer, wie sie neue Kundschaft finden. Als größter Coup gilt die Einführung der Klarglasflasche, weil dies dafür sorgte, dass mehr Frauen Bier tranken. Nun nimmt die Branche die solventen Weinverächter ins Visier. Was aber ist eigentlich feiner an einem Bier, das als Feinkost verkauft wird? Klar schmeckt das anders als Dosenbier. Aber bloß, weil man über eine Zitrus-Nuance stolpert, ist das kein psychedelischer Aromen-Trip wie bei einem gut gelagerten Burgunder. Es gibt vieles im kulinarischen Bereich, das sich nicht verbessern lässt. Man muss badischen Spargel nicht in dicke Saucen legen. Man muss Austern nicht gratinieren. Und niemand fehlen Edel-Biere für zehn Euro oder mehr pro Flasche. Biertrinkern, denen eine Flasche Kölsch nicht genug Raffinesse bietet, sollten sich einfach ein gut gekühltes Pittermännchen schnappen. Das ist sehr lecker und kostet nicht die Welt.