Ein Mann der einfachen Worte: Henk van Benthem | Foto Drathen 2014

Rechtsoffen in Porz

Der CDU-Politiker Henk van Benthem lässt sich von Rechtsextremen zum Bezirksbürgermeister wählen. Auf einen Umgang mit Rechten haben sich die großen Fraktionen bis heute nicht einigen können

Es ist eine kölsche Tradition: Rechtsradikale oder rechtspopulistische Parteien sind seit 1999 ununterbrochen im Rat der Stadt Köln vertreten. Aber auf einen Umgang mit deren rassistischen Ausfällen und Provokationen haben sich die großen Fraktionen bis heute nicht einigen können. Vor ein paar Jahren noch wollten einige Politiker den Saal verlassen, wenn ein Rechtsradikaler am Pult stand. Eine Idee, die nicht praktikabel war. Es folgten demonstrative Unaufmerksamkeit und der Griff zu Süßigkeiten und der Zeitung. Dann versuchten die demokratischen Parteien, die Reden der Rechtsradikalen grundsätzlich zu ignorieren, mussten dann aber feststellen, dass man die schlimmsten Ausfälle nicht unkommentiert lassen kann.

Das Beste wäre es, wenn sich SPD, CDU, Grüne, FDP und Linke vor den Sitzungen des Rates absprechen würden, wer von ihnen bei Anträgen der Rechts­radikalen antwortet. Dazu aber kommt es nicht, weil die CDU-Spitze die Linke nicht zum Spektrum der demokratischen Parteien zählen mag. In den Anträgen der Linken für mehr Sozialwohnungen, menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen oder längere Öffnungszeiten der Kölner Schwimmbäder kann aber kaum eine andere Partei noch Hinweise auf »Post-Stalinismus« und Extremismus finden. Und ausgerechnet diese CDU findet nun nichts anrüchig dabei, dass sich ihr Kandidat Henk van Benthem in der Porzer Bezirksvertretung von der rechtsradikalen Bewegung Pro Köln und der rechtspopulistischen AfD ins Amt wählen lässt.

Vorwurf des »Dammbruchs« ist berechtigt

Das hat es in dieser Weise bislang noch nicht in Köln gegeben. Und es stimmt deshalb, wenn SPD, Grüne und Linke dies nun einen »Dammbruch« nennen. Sie verweisen zurecht auf die sogenannte Berliner Erklärung. Darin hat der Verein für demokratische Kultur in Berlin 2009 mit SPD, CDU, Grünen und Linken gemeinsam Grundsätze für den Umgang mit Rechtsradikalen in der Kommunalpolitik entwickelt. Einer davon lautet, man solle »niemals mit den Stimmen der Rechtsradikalen kalkulieren«, weil diese dadurch aufgewertet würden. Eben dies ist nun in Porz passiert.

»Machtgeilheit« wirft Andreas Pöttgen (SPD) dem Porzer CDU-Politiker in einem Offenen Brief vor. Das wirkt kämpferisch für einen, der gerade erst in den Kölner Stadtrat eingezogen ist. Und doch ist diese Kritik wohlfeil, denn »Machtgeilheit« als Motivation könnte man bei sehr vielen Amts- und Mandatsträgern vermuten, auch bei SPD-Politikern. Mutmaßungen über persönliche Motivation von Politikern können nie die entscheidende Kategorie sein, um deren politisches Handeln zu bewerten. Im Fall van Benthem wäre es wichtig, aufzuzeigen, wie ein Bezirksbürgermeister, der nur mit den Stimmen der Rechten ins Amt gewählt wird, diese aufwertet und salonfähig macht. Es ist naiv zu glauben, bei einer Wahl auf deren Unterstützung zu bauen, wäre keine Form der Zusammenarbeit.

Eben das behauptet indes Bernd Petelkau, Partei- und Fraktions­vorsitzender der Kölner CDU. Überhaupt sei die Wahl ja geheim erfolgt und daher könne niemand wissen, ob nicht in Wirklichkeit Abweichler von SPD und Grünen für van Benthem gestimmt hätten. Petelkaus Spitzfindigkeiten sagen viel über den Zustand der Kölner CDU aus — und dass die Parteispitze nicht erkennt, wie dadurch alles noch peinlicher wird. Prompt versicherten nämlich die Rechtsradikalen, dass sie durchaus für van Benthem gestimmt hätten und konnten sich so als diejenigen inszenieren, die dem vernachlässigten Stadtbezirk Porz einen Neuanfang nach Jahren der SPD-Regierung bescherten.

Van Benthem war Hoffnungs­träger

Henk van Benthem hat die Rechtsradikalen bereits jetzt aufgewertet und so den eigenen Ruf ruiniert. Dabei galt gerade er im CDU-Kreisverband für viele als Hoffnungs­träger. Henk van Benthem vermag es, zupackend zu erscheinen, er bedient die Rolle des kämpferischen Politikers, der sich in der Aufregung auch mal nicht an die rhetorischen Vorgaben hält und einfache, klare Worte findet. Noch vor der Kommunalwahl nannte van Benthem im Kölner Rat den Rassismus von Pro Köln lautstark »unerträglich«. Nun aber hat er sich von deren Stimmen abhängig gemacht.

Dass CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau den Porzer Politiker stützt, liegt auch daran, dass es kaum noch talentiertes Personal in der CDU zu geben scheint. FDP-Fraktionschef Ralph Sterck hat hingegen seiner Parteikollegin Elvira Bastian mehrfach nahegelegt, ihr Amt als zweite Stellvertreterin van Benthems sofort nie­derzulegen. Denn auch Bastian gelangte bloß durch die Stimmen von Pro Köln und AfD ins Amt. Doch auch sie will trotz der Debatte nicht zurücktreten. Unterdessen trat Ulf Florian von seinem Amt als Porzer Vize-Bürgermeister zurück — obwohl der SPD-Politiker ohne die Stimmen von Rechts auskam. Es war ein demonstrativer Rücktritt. Für ihn, so Florian, sei eine Zusammenarbeit mit Henk van Benthem und Elvira Bastian nicht mehr möglich. Er wolle einen Neuanfang — gerne in Kooperation mit der Porzer CDU, aber ohne Henk van ­Benthem.