Kölner »Food Assembly«: Da freut sich das Gemüse | photocase / marshi

Die Weltver­besseresser

Die erste deutsche »Food Assembly« ist in Ehrenfeld gestartet

Die Vogelsanger Straße an einem frühen Dienstagabend. An der Ampel vor dem Ehrenfeldgürtel staut sich der Feierabendverkehr, im nah gelegenen Restaurant einer Fastfood-Kette herrscht Hochbetrieb, davor reißt ein Presslufthammer dröhnend die Straßendecke auf. Nur ein paar Schritte weiter findet sich im Hinterhof von Haus Nummer 187 eine völlig andere Welt: Gebäude schlucken den Lärm der Stadt, entspannte Menschen probieren Häppchen von Fenchel und Roter Beete, ein Mädchen leckt genüsslich Kastanienhonig von einem Löffel.

 

Vor den Räumen des Ehrenfelder Colabors findet die Auftaktveranstaltung zu Deutschlands erster »Food Assembly« statt, einer Art Erzeugermarkt im Onlinevertrieb. Die Idee stammt aus Frankreich, wo es mittlerweile über 300 dieser Communitys gibt. Ihr Ziel ist es, Erzeuger und Verbraucher zusammenzubringen und »ein Netzwerk von Handelsbeziehungen aufzubauen, das offen über Margen und Bezahlungen kommuniziert«. Über die Internetplattform thefoodassembly.com können Verbraucher direkt bei Produzenten aus der Region Lebensmittel bestellen. Diese werden an einem festgelegten Wochentag an den »Gastgeber« der Assembly, in diesem Fall das Colabor, geliefert und können dort von den Kunden abgeholt werden. Mit 83,3 Prozent geht der größte Teil der Einnahmen an den Erzeuger. Der jeweilige Gastgeber und die Organisation, die für die Bereitstellung der Internet-Plattform und die Abwicklung der Zahlung sorgt, teilen sich den Rest. Einen Mindestbestellwert gibt es für die einzelnen Verbraucher nicht, doch jeder Anbieter legt fest, ab welcher Gesamtmenge sich eine Auslieferungsfahrt für ihn lohnt. Das dürfte im Einzelfall recht unterschiedlich sein. So stammt der leckere Riesling, den der Bio-Winzer Sebastian Müller mitgebracht hat, aus dem 180 Kilometer entfernten Volxheim in Rheinhessen – denn als »Region« gilt den Organisatoren ein Radius von bis zu 250 Kilometern. Die meisten Erzeuger haben aber eine deutlich kürzere Anreise, der Vingster Honig etwa muss auf dem Weg nach Ehrenfeld lediglich den Rhein überqueren.

 

Laut Valentin Thurn, Regisseur des Dokumentarfilms »Taste the Waste« und Unterstützer der Food-Assembly-Bewegung, geht es dabei vor allem »um die Wertschätzung von Lebensmitteln«. Und die kommt beim Probieren der angebotenen Produkte von ganz alleine. Da sind zum Beispiel die vielen verschiedenen Tomatenarten der Familie Frings aus Mechernich, die mit der wässrigen Verwandtschaft aus dem Supermarkt lediglich den Namen gemeinhaben. Bald gibt es sie vielleicht auch im Kölner Süden, denn eine zweite Food Assembly soll in Kürze auf dem Gelände des Urban-Gardening-Projekts »Neuland e.V.« in Bayenthal eröffnen.