Foto: Vera Prinz

Picknick im Park und Zauber im Wald

Sie sind hier, sie sind laut, weil man ihnen die Party klaut. Sobald der Sommer in Köln Einzug hält, beginnen die beliebten Open-Air-Partys — spontan und nur halblegal

An einem Schönwetter-Sonntag radelt Holger Schmid* aus Ehrenfeld auf seinem Lastendreirad zum Colonius an der Inneren Kanalstraße. Dort entlädt er sein Fahrrad und muss erstmal das T-Shirt wechseln. Denn Schmid transportiert auf seinem Fahrrad zwei Plattenspieler, ein Mischpult und einen Stromwandler. Wer ihm und den anderen DJs der »Park­piraten« zuhören möchte, braucht nicht viel: Nur ein kleines Kofferradio, das auf die richtige Frequenz eingestellt ist.

 

Damit ist Schmid einer von vielen. Wenn im Sommer die Kölner Clubs leerer werden, blühen stattdessen die Open-Air-Partys. Das Odonien an der Hornstraße ist aus Köln nicht mehr wegzudenken. Bei der Eröffnung der »Pollerwiesen« spielen Star-DJs wie Ricardo Villalobos oder Sven Väth. Aber um sie herum hat sich eine Szene entwickelt, die genauso gern feiert, aber das lieber umsonst und draußen tut. Sie nennen sich SolAir oder Waldläufer. Sie organisieren Partys, für die man keine Werbung findet und die nicht Clubland der StadtRevue auftauchen.

 

Am Herkulesberg liegt die Heimat von SolAir. Auch für sie ist der Sonntag ein Feiertag, ein »Ausklang ins Wochenende«, wie es SolAir­­ —­ Veranstalter Christian Busch nennt. Vor zwei Jahren haben er und mehrere Freunde die Party von jemandem übernommen, der mittlerweile im australischen Outback als Selbstversorger lebt. »Unser Ziel war es, dass man die Natur genießt, und sie so verlässt, wie man sie betreten hat.« Betrieben wird ihre Party mit Autobatterien, die wiederum von ein paar Solarpanels gespeist werden. »Dazu verteilen wir Chai-Tee als Nettigkeit.« Die SolAir ist beliebt, bei Picknickern und der Kölner DJ­Prominenz. Letztens schleppte ein bekannter DJ seine CD-DJs an den Herkulesberg und legte vier Stunden auf. »Der bekommt sonst vierstellige Gagen und hat umsonst bei uns gespielt, weil es ihm so gut gefiel«, schwärmt Busch.

 

Chai-Tee, Nettigkeit, Solarenergie — wer sich bei diesen Open-Air-Party an das Hippie-Revival früher Outdoor-Raves erinnert fühlt, liegt nicht ganz falsch. Aber anders als vor 20 Jahren ist man nicht mehr auf Trance als Stil festgelegt. Auf der SolAir-Party spielt man House und Techno, bei den Parkpiraten kommt Soul, Funk, HipHop und Dubstep von den — ja! — Plattenspielern. »Es gibt so etwas wie einen ...

 

Den ganzen Artikel von Christian Werthschulte
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