KunstFilmBiennale 26.10 - 2.11.2003

Internationales Festival mit Kino-, Dokumentar- und Künstlerfilmen rund um den Schnittpunkt Kunst und Film

Splitterkontemplationen:
Das Programm

Noch sind letzte Fragezeichen hinter einigen Programmpunkten der ersten KunstFilmBiennale, die letztes Jahr ihren Testlauf mit einem »Vorspiel« nahm. Doch was man schon offenbarte, lässt einiges erhoffen!
Das Herzstück des Festivals wird der Wettbewerb sein, der schon allein dadurch besticht, dass er die einzig wahre cinephile Haltung vertritt, nämlich: Alles geht, Genre, Länge, Material spielen keine Rolle. So laufen nach- und nebeneinander etwa Anjan Das’ wunderschöner bengalischer Kunstfilm »Saanjbhatir roopkathara« (2002), Reinhard Wulfs angemessen strenges Portrait von »James Benning« (2003), Shirin Neshats präziser »Pulse« (2001), Ange Leccias »Aze« (2003), Fabiana Wernecke & Marco del Fioris »Man Wal – Translated Meeting« (2003) und Sharon Lockharts »No« (2003). Die Jury ist nicht um ihre Auswahlarbeit zu beneiden, wenn sie sich durch Unbekanntes und big names wie Teil von Peter Greenaways Gesamtkunstwerk »The Tulse Luper Suitcases« gucken muss.
Zwischen dem produktiven Chaos dann ein wenig Ordnung in Form von zwei Werkschauen: Eine große veritable Retrospektive, begleitet von einer kleinen Photoausstellung sowie einer Lesung zu Alain Fleischer; eine kleine ist dem kürzlich verstorbenen Stan Brakhage gewidmet. Fleischer verkörpert eigentlich alles, was die KunstFilmBiennale sein soll und will: Sein Kino beinhaltet und transzendiert sämtliche Genres, die wiederum einander befruchten, beseelt durch einen offensiv inkoorporierenden Umgang des Meisters mit Fotografie, Literatur, und Installationskunst: Da wird eine Dokumentation über den Louvre zu einem mysteriösen Spiel-Essay und ein Experimental- zum Pornofilm, während ein über dreistündiger Spielfilm zu einer sanft auf den Lauten des Dschungels dahintreibenden Studie über Licht und Bewegungen desintegriert. Ein absolutes Muss ist die pervertierte Genesis von »Zoo Zero«, ein derangiert-cocteauides Meisterwerk, schon wegen Klaus Kinskis Performance als stummer Zoodirektor...
Stan Brakhage ist von seinem Ansatz her das exakte Gegenteil von Fleischer: Ein Apologet des reinen Films, des Sehens von Licht in dem (Projektions-)Zeit/Raum, einer ganz spezifischen Poesie der Bewegung – auch wenn er von Techniken und Strategien speziell der Malerei inspiriert wurde: insbesondere in seinen non-fotografischen Arbeiten, für die er z.B. eine Collage aus Motten auf dem Blankfilm befestigte, oder seinen Werk-Serien, für die er direkt auf den Blankfilm malte.
Brakhage hätte durchaus auch in die Hommage an XSCREEN gepasst, eine weitere Reihe des Festivals. Wir erinnern uns: Köln war einmal, vor mehr als 30 Jahren, eine Hochburg des internationalen Underground/Avantgarde-Films; X-Screen ist Kino, dem die bürgerlichen Tabugrenzen scheißegal waren: Otto Mühl-Filme, der selige Kurt Kren zeigte seine anbetungswürdigen Werke, Helmut Costard verschreckte/amüsierte die Massen mit seinem agitiert über die Filmförderungspolitik labernden Schwanz, und natürlich dürfen auch die X-Screen-Macher selbst, Birgit & Wilhelm Hein, bei all dem nicht fehlen. Neben solchen Klassikern werden auch noch diverse in der Filmgeschichte versunkene Schätze gehoben, wie etwa die Filme von Leuten wie der ZDF-Redakteurslegende Hans Peter Kochenrath Ansonsten: Rosemarie Trockel bekommt Carte Blanche und darf Filme zeigen, der WDR präsentiert Kunstdokumentationen aus eigener Herstellung (Standortbezug). Zu erwähnen wäre noch eine Reihe mit Spielfilmen über das Handwerk der Malerei – wohl eher was für das große Publikum –, und, und, und... Wie sich das alles zu einer Gesamtvision zusammensetzen wird und zu welcher, wird sich zeigen – interessant genug ist das Programm allemal