»Das ist eine Grenzüberschreitung«

Frank Möller zum abrupten Ende einer Gesprächsreihe mit Vertretern der Stadt

In der Reihe »Stadtgespräch« debattierten Frank Möller und Joachim Weiner im Domforum drei Jahre lang mit Vertretern aus Politik und Verwaltung über deren Versäumnisse. Jetzt hören sie auf, weil zwei städtische Amtsleiter ihre Teilnahme zum Thema Infrastruktur zurückgezogen haben. Ihnen war ein Ankündigungstext zu scharf formuliert.



Herr Möller, in dem besagten Ankündigungstext  heißt es unter anderem, es gebe einen »seit Jahren ungebremst fortschreitenden Verfall«. Eine Attacke auf Ihre Gesprächspartner vorab?

 

Keinesfalls. Die Ankündigung zählt die Symptome auf: Dauerbaustellen, miserables Baustellenmanagement, marode Brücken und so weiter. Und wir benennen die Tatsache, dass die Ämter, die für Erhalt und Pflege der kommunalen Infrastruktur zuständig sind, erhebliche Mitschuld an deren Verfall tragen. Zudem weisen wir auf ungeklärte Zuständigkeiten, Koordinierungsprobleme und mangelhafte Kooperation der Ämter untereinander hin. Wir hätten gern darüber mit Klaus Harzendorf vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik und mit Gerd Neweling vom Amt für Brücken und Stadtbahnbau gesprochen. Aber die Herren haben gekniffen.


Für eine Einladung zum Gespräch sind das viele Vorwürfe.

 

Wir wollten darüber diskutieren, wie diese Krise zu überwinden ist. Nicht, ob wir überhaupt eine Krise haben.



Ist es in Köln denn schlimmer als anderswo?

 

Eindeutig ja. Die Kölner Verwaltung hat einen erheblichen Modernisierungsrückstand gegenüber anderen Großstädten der Republik. Ein Beispiel: In München koordiniert man Infrastruktur- und Bauvorhaben. Da müssen sich alle Ämter auf einen Prioritäten- und Ablaufplan verständigen, damit ein Verkehrskollaps, wie er in Köln alltäglich ist, ausbleibt. Das funktioniert. Was macht man in Köln? Man richtet die Stelle eines Baustellenmanagers ein und teilt ihm neun neue Stellen zu. Typische Feigenblattpolitik, die nur Geld kostet und nichts verbessert. Denn der Mann ist überfordert, weil er etwa Liegenschaftsamt, Gebäudewirtschaft, Amt für Straßen und Verkehrstechnik oder Stadtplanungsamt ja auch nicht zur Zusammenarbeit zwingen kann.



Es wäre interessant gewesen, das zu besprechen. Auch ohne die beiden Amtsleiter. Ist es nicht falsch, jetzt aufzugeben?

 

Nein, es ist konsequent. Herr Harzendorf hat in seiner Absage gefordert, die Veranstaltung solle »das Vertrauen in Politik und Verwaltung stärken«. So etwas beendet jede Diskursmöglichkeit, weil sie PR als Voraussetzung für Diskussionsteilnahmen reklamiert. Das ist eine Grenzüberschreitung, die ich bis vor kurzem auch in Köln noch nicht für möglich gehalten hätte. Und da die Haltung der beiden Amtsleiter von der Stadt mitgetragen wird, haben wir uns gemeinsam mit dem Katholischen Bildungswerk gesagt: Dann eben nicht mehr.



Baudezernent Höing hat nachträglich erklärt, die Verwaltung sei doch weiter zu den »Stadtgesprächen« bereit.

 

Herr Höing wird leider regelmäßig von seinen Amtsleitern vorgeführt und darf sich dafür anschließend Prügel abholen. Insofern ist dieses  Bekenntnis wenig wert. Stadtpolitik und -verwaltung sind nicht reif für diese kritische, aber fair geführte Gesprächsreihe.