Karaoke mit Angela Merkel

Das Nö-Theater dramatisiert in »Gipfelstürmer« die Vorbereitungen auf das G7-Event

Mit Spannung wurde das neue Doku-Stück des Nö-Theaters erwartet. Kein Wunder. Mit dem preisgekrönten Vorgänger »V wie Verfassungsschutz« hatte sich die Gruppe als gewichtige Stimme in der Freien Theaterszene etabliert. Diesmal haben die Macher jedoch nichts auf-, sondern vorbereitet: Nichts Geringeres als den G7-Gipfel kommenden Juni im bayerischen Elmau. »Gipfelstürmer« heißt das neue Werk, für das die Schauspieler monatelang Anwohner, Politiker, Polizisten, Hoteliers und Demonstranten begleitet haben.

 

 


Im Foyer des FWT holen Felix Höfner, Asta Nechajute und Janosch Roloff die Zuschauer ab. Gleich reißen die drei Schauspieler die Fragen an, die sich bei dezidiert politisch motiviertem Theater stellen: Wäre es nicht besser selbst zum G7-Gipfel zu fahren? Spielen wir hier Protest? Ist das überhaupt dokumentarisches ­Theater?

 

 


Nach dem Prolog geht es für alle auf die Bühne, auf der sich ein Berg aus Stühlen türmt, die Barrikade. Jeder Zuschauer sucht sich daraus einen aus, um Platz zu nehmen; das Nö-Theater funktioniert ihn so zum Blockierer gegen G7 um. Was ist hier Spiel, was nicht?

 

 


Bevor viele kleine Szenen folgen, in denen das Ensemble seine Rechercheergebnisse präsentiert, gibt es eine Einführung in basisdemokratischem Habitus. Schnell zeigt sich: dieser wird von endlosem Gelaber und Austausch von Befindlichkeiten bestimmt. Gute zehn Minuten wird hier verhandelt, ob dem Publikum nun grundlegende Handzeichen erklärt werden, nur um es schließlich im Sprechchor zu tun.

 

 


Das Ensemble spielt konstant wach und dynamisch. Nie verliert sich die Spannung, auch wenn sich der Abend klamaukig entwickelt. Die Vorbereitungen der Politiker auf den Gipfel werden zur Satire, etwa in der Szene, wenn die drei mit Angela Merkel-Maske einen fiktiven Tagesablauf schildern, der abends in einem gemeinsamen Karaoke-Singen aller sieben Staatschefs endet.

 

 


Sie treiben die Komik auf die Spitze, um das Gelächter dort zu brechen. In einem improvisierten Monolog erklärt Janosch Roloff, dass uns als Gesellschaft die ­Sprache für Hoffnung abhanden gekommen sei und legt das Pathos dieser aufrichtig gemeinten Botschaft offen. Das ist sehr direkt und mutig gespielt. Im Ganzen hätte der Abend jedoch mit mehr Fakten durchsetzt sein dürfen. Auch wenn im fortlaufendem Spielbetrieb jede Aufführung auf politische und organisatorische Veränderungen reagieren soll, ein wenig schaler Geschmack bleibt. Alles ist zwar spritzig und bunt inszeniert, bleibt so aber leider auch beliebig.