Wie Tiere im Zoo

Köln im Schlüsseljahr 1914

Das Jahr war wahrlich nicht arm an Gedenkausstellungen zum Ersten Weltkrieg. Auf der Zielgeraden kommt »Köln 1914. Metropole im Westen« daher. Die Schau im Kölnischen Stadtmuseum dokumentiert mit rund 350 Exponaten Infrastruktur, Wirtschafts- und Alltagsleben der Domstadt. Dabei zeigt sich Köln als logistisches Epizentrum der »Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts«. So informiert ein leuchtend rosa Plakat über »günstigste und schnellste Fahrgelegenheiten« für Militärurlauber. Hier lag der Verkehrsknotenpunkt für den Aufmarsch zur Westfront; hunderttausende Soldaten reisten in Zügen über die drittgrößte Stadt des Reiches. Gleichzeitig war Köln Durchgangsstation für Kriegsgefangene. In den Lagern in Wahn saßen 1916 bereits 50.000 Briten, Belgier, Franzosen, Senegalesen, Algerier, Tunesier, Inder und Russen in Haft. Die Kölner bestaunten sie wie Tiere im Zoo. Farbige Fotopostkarten mit Gefangenen »Schottländern« oder Franzosen zeugen von diesem makabren Freizeitvergnügen.

 


Es ist ein Verdienst der Ausstellung, dass sie nicht den moralischen Zeigefinger erhebt. Sie ordnet die Zeitläufte in Sektionen, macht deutlich, wie kaisertreu die Kölner noch Anfang 1914 waren, dem Wirtschaftsboom huldigten und allen düsteren Vorzeichen zum Trotz fröhlich ihren Karneval feierten. Nur wenig später wurden sie mit der Wirklichkeit konfrontiert: Mobilmachung, Bedrohung, Hunger, Zerstörung, Verwundung und Verlust. Die ganze Ratlosigkeit manifestiert sich in einem Schild mit der Empfehlung, sich bei »Fliegeralarm« ins Museum zu flüchten.

 


Der Rosenmontagszug 1914 trug noch in freudiger Erwartung auf die große Deutsche Werkbund-Ausstellung das Motto »Kölner Weltausstellung«. Die Dimension der Leistungsschau für moderne Architektur, Kunsthandwerk und Industrieformgebung veranschaulicht das Museum für Angewandte Kunst anhand von Modellen, Plänen und Fotos. Ein wichtiges Kapitel Stadtgeschichte, wird doch auch hier der folgenschwere Einschnitt deutlich: Nachdem über eine Million Menschen die Werkbund-Ausstellung seit Mai 1914 besucht hatten, wurde sie wegen Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach nur drei Monaten geschlossen. Sämtliche fünfzig Bauten fielen der Zerstörung anheim.