Bastian Tebarth, Foto: Manfred Wegener

Dieses Fleisch ist eine Sünde wert

Die Zeiten, in denen fleischlose Kost als freudlose Angelegenheit galt, sind gottlob vorbei. Es ist heute nicht nur hip, Gemüse zu essen, es schmeckt auch mehr denn je. Gerade hat in der Kölner Innenstadt ein junges und ambitioniertes Küchenteam ein veganes Menü auf die Karte gesetzt und niemand, wir können es bestätigen, wirklich niemand wird dabei ein totes Tier auf dem Teller vermissen. Das ist erfreulich, hilft es doch auf lustvolle Weise, auf Fleisch zu verzichten.

 

Jeder Trend aber sorgt, zumal wenn er nicht ganz vom moralischen Zeigefinger lassen kann, zuverlässig für Gegenreflexe. Im Falles des omnipräsenten Vegantrends handelt es sich um einen archaischen Reflex, der danach giert, pures Fleisch zu konsumieren. 

 

Aus den amerikanischen Metropolen, in denen zuvor der Vegan-ist-sexy-Lifestyle entwickelt wurde, ist in den letzten Jahren ein neuer Typ Burger- und Steakbraterei eingewandert, der kompromisslos nur auf eins setzt: Fleisch, Fleisch, Fleisch. In den neuen Steakrestaurants und Imbissbuden bekommt man ein halbes oder gar knapp ein ganzes Kilo Rind serviert; jüngst wurde ein solcher Grill im Belgischen Viertel eröffnet.

 

So viel Fleisch ist nur konsumierbar, wenn es von sehr guter Qualität ist — wer will schon 600 Gramm minderwertiges Bindegewebe in sich reinstopfen? Die neuartigen Luxusbräter richten sich aber nicht nur an ein klassisches Klientel, dass sich solche High-End-Produkte leisten kann, sondern will sich auch eine neue Konsumentenschicht erschließen. Und das ist begrüßenswert. Das Gute an diesem Money-for-Quality-Prinzip ist, dass vielleicht mehr Leute gutes, dafür aber weniger Fleisch essen, wenn sie einmal die Premiumqualität gekostet haben. Und dabei auf den Geschmack gekommen sind. Angesichts der Fleischindustrie und ihren Milliarden billig produzierten Tierleichen ist jedes Mittel recht, um den Fleischkonsum zu verringern. Und wenn man dafür ein unglaublich gutes NY Strip Steak für fast 40 Euro essen muss.