Kunstwelt aus Styropor

Ein feiner Coup: die Ausstellung »Museumsland«

der Ateliergemeinschaft Mülheimer Freiheit 126

Sechs Künstler haben ihre Atelierhalle in Köln-Mülheim komplett zugebaut und zu einem »Museumsland« erklärt. Jeder von ihnen hat sich einen Gebäudeausschnitt aus der architektonischen Museumslandschaft Kölns ausgesucht und seiner persönlichen Interpretation in Form eines Modells unterzogen. Die BesucherInnen folgen einem Rundgang zwischen riesigen Kunst-Puppenstuben, die auf Brusthöhe installiert sind, und blicken dabei in erleuchtete Räume und Raumfolgen und durch sie hindurch auf imaginierte Außenwelten. Die vor allem aus Styropor gefertigten Bauten, die von abenteuerlichen Holzkonstruktionen getragen werden, geben einem das Gefühl, zugleich vor und hinter den Kulissen unterwegs zu sein, wie eine Entwurfswerkstatt für Bühnenbilder oder Filmsets mutet das verschachtelte Gemeinschaftsraumwerk an.
Das beeindruckende Gesamtbild verhindert jedoch nicht die klare Unterscheidbarkeit der sechs einzelnen Beiträge. Auf der gemeinsamen Folie, Museumsausschnitte herzustellen und als Vehikel zu nutzen, werden sowohl die verschiedenen Originalorte als auch die eigenen Positionen auf intelligente Weise thematisiert: Robert Kröner rekonstruiert einen schwebenden »Raum der Jugend« – eine Etage im damaligen Wallraf-Richartz-Museum, wo er in den 70er Jahren intensive Begegnungen mit Gemälden hatte. Geert Westphal führt ins neue Wallraf-Richartz: Er hat seinen Videobeobachtungen eine Vielzahl von Einzelbildern entnommen und diese zu einem charakteristischen Interieur mit Museumsgängern montiert.
Hans Wäckerlin deutet einen der typischen Ausstellungssäle des Museum Ludwig durch einen bunten Materialmix zum monumentalen Hüttenflickwerk um. Egbert Mittelstädt zeigt bei seinem Blick durch das Ludwig Fußgänger, die den Heinrich-Böll-Platz vor dem Museum überqueren und zitiert dabei die aufwändigen Dioramen des 19. Jahrhunderts. Olaf Hirschberg hat das Kirchenschiff der Kunststation St. Peter gebaut und präsentiert einen mit christlichen Symbolen tätowierten Mann als Altarbild. Martin Gaissert schließlich lässt die abgerissene Kunsthalle wieder auferstehen und gewährt dabei computergenerierte Ausblicke auf Staats- und Stadtsymbole, ohne sich dabei mit Barrikadenattitüden in Szene zu setzen.
Dieses außergewöhnliche Projekt war eigentlich »nur« als Sonderstation der letzten Langen Museumsnacht geplant. Nach etlichen Bravo-Rufen von BesucherInnen kann die Mülheimer Wunderkammer jetzt noch bis zum 2. Februar besichtigt werden. So lange verzichten die Sechs auf ihre Atelierhalle als Arbeitsplatz. Danke.


Köln Mülheim, Mülheimer Freiheit 126 (Haltestellen Wiener Platz/Keupstr.), Januar: 17./18./19. und 24./25./26. und 31.; Februar 1./2.; jeweils 16-19 Uhr, u.n. Vereinbarung, Tel. 0221-4734217

Veranstaltung
4. / 5.2. Forum mit Gästen zu Themen der Produktion, Präsentation und Rezeption von Kunst: Gespräche über autonome Kunsträume, Museen und andere Wunderkammern.