Foto: Manfred Wegener

Platz auf dem Markt

Die Kölner »Telemesse« fällt aus: zu teuer.

Die Kölner Berichterstattung zu den Problemen

der Pressekonzentration auch: zu unbequem

Wie gewonnen, so zerronnen. Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass die Telemesse aus dem benachbarten Düsseldorf ins schöne Coloneum nach Köln gelockt werden konnte und den hiesigen Standort einmal mehr als »German TV Capital« ins Bild setzte. Nun wurde die Veranstaltung, in der die Fernsehsender den Werbekunden sich selbst und ihr neues Programm präsentierten, erstmal eingestellt. Trauern dürfte vor allem die Kleingeschenke-Industrie, denn die Sender ließen in den vergangenen Jahren nichts unversucht, ihre Werbekunden und deren Agenturen nachhaltig zu beeindrucken. Abgesehen von Promi-Auftrieb, begehbaren TV-Erlebniswelten und Drei-Sterne-Häppchen gab’s vor allem Gimmicks satt. Tütenweise konnten die Werbetreiber aufblasbare ZDF-Sitzkissen, VOX-Salatschüsseln, »Galileo«-Luftkreisel, SuperRTL-Sponge-Bob-Square-Pants und sonst wie fernsehaffinen Werbe-Nepp beglückt nach Hause schleppen.

Verwässerte Zeilgruppe

Scharenweise mischten sich auch immer mehr Produzenten, Unternehmensberater, Journalisten und weitere Schnäppchenjäger unter die Besucher der Telemesse, auf stattliche 5.700 wuchs deren Zahl im letzten Jahr an. Aus dieser »Verwässerung der Kernzielgruppe« zogen die Veranstalter des Spektakels, die Vermarkter der beiden deutschen Sendergruppen IP und SevenOne Media, nun die Konsequenzen und sagten die diesjährige Veranstaltung kurzerhand ab. Nun sucht man nach neuen Kommunikationsformen für die Begegnung mit der werten Kernkundschaft. Die ProSiebenSAT.1-Sender planen bereits einen eigenen Ersatz-Event – jedoch in Düsseldorf oder Frankfurt. RTL will hingegen erstmal abwarten, um die Wünsche seiner Kunden zu sondieren.

Konzentration auf dem Zeitungsmarkt

Seine eigenen Wünsche gab wohlsortiert Mitte März der Kölner Zeitungsverleger Alfred Neven DuMont in seinem eigenen Blatt zu Protokoll. Belästigt fühlt sich der Herr über Express, Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau von der Kritik an den Reformplänen zum Pressefusionsrecht. Es geht um die Marktkonzentration in der deutschen Zeitungslandschaft, also darum, wie viel Blätter die Großverlage besitzen dürfen. Die Schwelle, so der konzernfreundliche Entwurf des Bundeswirtschaftsministers Clement, von der an eine Fusion zwischen Zeitungen gründlich kontrolliert wird, soll von 25 auf 50 Millionen Euro gemeinsamen Umsatzes angehoben werden. Jede Unternehmenshochzeit unterhalb von zwei Millionen könnte als Bagatelle komplett vernachlässigt werden. Das käme Neven DuMont sehr zupass, der seinem Verlag mehr »Handlungsfreiheit« wünscht, und zwar besser schon heute als morgen. Der Reformentwurf eröffne nun »Möglichkeiten zu Kooperationen und Beteiligungen, die wir gemeinsam nutzen können, aber nicht müssen.« Einwände gegen diese Reformen erscheinen DuMont als »bizarrer Kreuzzug des Kartellamts«, so auch der knallige Titel seines Plädoyers.

Die »Clement-Welle« droht

Derweil sind die möglichen Gefahren einer solchen Gesetzesänderung für die Pressevielfalt nicht von der Hand zu weisen. Überschwemmt würde die Zeitungslandschaft im Falle der Gestzesänderung, fürchtet zum Beispiel der Dortmunder Medienforscher Horst Röper, von einer Fusionswelle – der »Clement-Welle«, in der die kleinen und mittleren Verlage untergehen würden. Natürlich könne die Politik Zielvorgaben ändern und reines Unternehmenswachstum höher stellen als eine kleinteilige Anbieterstruktur. Allerdings gehörten Verfassungsgrundsätze wie das Vielfaltspostulat respektiert. Und die zunehmende Marktmacht einiger Großverlage gefährde die Presse- und Meinungsvielfalt. Journalisten berichten oder kommentieren nun mal nicht gegen das Interesse ihres eigenen Verlages oder bezahlen ihren Preis dafür, das kennt man hier. Das alles ist allzu menschlich – jedoch nur erträglich, solange es eine Vielfalt unterschiedlicher Angebote gibt.

Strohmann- und Umgehungsgeschäfte

Und auch das so genannte Redaktionsmodell, weiterer Kern der geplanten Gesetzesnovelle, hat so seine Tücken. Es soll die Übernahme einer Zeitung problemlos ermöglichen, wenn der Alteigentümer oder ein so genannter Dritter mit mindestens 25 Prozent an der Zeitung beteiligt bleibt und maßgeblichen Einfluss auf die redaktionelle Linie des Blattes behält, zum Beispiel durch die Bestellung des Chefredakteurs. Was aber, so die Kritiker, wenn sich Großverlag und besagter Dritter einig sind über die Neuausrichtung bzw. Einstellung des Blattes? Strohmann- und Umgehungsgeschäften würden so geradezu angeregt – wie es der Holtzbrinck-Verlag bei der Übernahme des Tagesspiegels oder die Südwest Presse zuletzt eindrucksvoll unter Beweis stellten: Als das Kartellamt nicht locker ließ und Miteigentümer an den neu erworbenen Zeitungen einforderte, zauberten beide Verlage fröhlich Ex-Manager ihrer eigenen Unternehmer als neue »Teilhaber« aus dem Hut.

Betrübliche Qualität

Doch von diesen Bedenken liest man in Kölner Tageszeitungen nichts, genauso wenig in den Blättern anderer Verlage, die ein Interesse an einer Erleichterung der Pressefusionskontrolle haben. Zu der »betrüblichen Qualität dieser Diskussion«, die Neven DuMont beklagt, trägt er mit seinem ungeduldigen Plädoyer selbst bei. Denn könnte man von alldem einigermaßen ausgewogen in Kölner Zeitungen lesen – die Sorgen angesichts der kommenden Reform des Presserechts wären weitaus kleiner.