Viel, nicht vielerlei

Neue Pläne für das medienforum.nrw, Viva und OnyxTV

Multum non multa, lassen die Verantwortlichen im feinen Faltblatt schöngeistig wissen, lautet die Devise für das medienforum.nrw 2004. Wer sich nicht gleich zurechtfindet, keine Schande. Plinius der Jüngere, nicht eben ein häufiger Stichwortgeber in unseren Tagen, mahnte mit diesen Worten: Viel – das heißt gründlich –, nicht vielerlei solle man lesen, um seinen Stil zu bilden. Im Falle des medienforum.nrw, das vom 20. bis zum 23. Juni wieder in Köln stattfindet, muss man solch ehernes Diktum wohl als Zeichen für die Entschlossenheit der Veranstalter nehmen.

Konzentration

Erneut sind die Landesregierung NRW und die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) angetreten, ihrem prestigeträchtigen Mediengipfel eine angemessene Form zu geben. In den vergangenen Jahren war stets die Unübersichtlichkeit und die mangelnde Abstimmung des Programms moniert worden. Unter neuer Intendanz und mit antikem Leitmotiv soll es diesmal aber gelingen, Konzentration und Transparenz durchzusetzen. Spannend ist das schon. Schließlich war das Erscheinungsbild des medienforum.nrw stets auch ein anspielungsreicher Hinweis auf den Zustand der hiesigen Medienpolitik insgesamt.

Cocktail-Dinner-Happy-Hour-Brunches

Und siehe da, so könnte es gehen. Wer einen Blick auf die Website riskiert, findet keine pumpenden Logos, kein wüstes Visionswirrwarr in hehren Anglizismen, sondern – eine überschaubare Struktur (www.medienforum. nrw.de). Auch das diesjährige Partnerland USA schlägt sich deutlich im Programm nieder. Aus Chicago kommt mit Saskia Sassen eine der führenden US-Soziologinnen und Globalisierungstheoretikerinnen an den Rhein. Einem Streitgespräch zu den transatlantischen Beziehungen stellt sich in Köln die Ikone der US-Neokonservativen Richard Perle. Der »Prince of Darkness«, so die amerikanische Presse, ist führender Berater der US-Regierung in Sachen Außenpolitik und gilt als ein Kopf hinter der Strategie im Irak-Krieg.
Dazu natürlich alles, was das Medium sonst so hergibt – Digitalisierung, Gebührendebatte und Pressefusionsrecht. Für Festivalstimmung in der Innenstadt sorgt derweil wieder die Cologne Conference, die erneut the Best of International Television auf Kölner Leinwände bringt (siehe auch Seite 61 und www.cologne-conference.de). Die Jugend kann sich beim »Qualifizierungsforum generation m« informieren, wie sie in die Medien reinkommt (www.generation-m.de). Und wer schon drin ist, geht zu Preisverleihungen, Empfängen und Cocktail-Dinner-Happy-Hour-Brunches, gerne auch auf der nigelnagelneuen MS RheinEnergie, die als Konferenz- und Partyschiff am Messekai vor Anker gehen wird. Lasst die Spiele beginnen.

Türöffner

Vor Anker gehen in Köln möchte wieder einmal auch ein ganz großer Spieler: Sumner Redstone, Herrscher über den Medienkonzern Viacom und damit über die MTV-Sendergruppe, greift erneut nach der Kölner VIVA Media AG. Übernahmegerüchte gibt es bereits seit Monaten. Hauptgesellschafter Time Warner hat sein Musikgeschäft kürzlich abgestoßen und daher auch kein Interesse mehr an Musiksendern – zumal an wirtschaftlich stagnierenden. Berichten zufolge kooperiere daher auch die Vorstandsriege um Viva-Chef Dieter Gorny. Schließlich sollen die rund 530 Arbeitsplätze in Köln-Mülheim möglichst erhalten werden.
Doch Viacom-Chef Redstone dreht gleich ein ganz großes Rad: Viva soll ihm im Verbund mit den MTV-Sendern als Türöffner für den deutschen Markt dienen. Ein vollwertiges Unterhaltungsprogramm soll z.B. aus dem Beiboot Viva plus werden – auf dass sich dann die dritte große private Sendergruppe im deutschen Markt erhebe.
Allerdings könnte das Ganze auch von Berlin aus geschehen, wo sich Viva kostengünstig dem Noch-Konkurrenten beigesellte. Vor Monatsfrist machte nämlich MTV von München rüber in die Hauptstadt.

Flora und Fauna

Ganz anders besaitet gibt sich der Kölner Sender OnyxTV: Schwerter zu Pflugscharen oder Musiksender zu Öko-Kanälen möchte man in Anlehnung an die heutigen Produktionsverhältnisse ausrufen: Aus OnyxTV wird Terra Nova. Eine audio-visuelle Enzyklopädie rund um das Thema Natur und Umwelt wird der im Mediapark ansässige Sender demnächst auf Sendung bringen. Das ist mal eine Ansage. Dabei war OnyxTV bislang vor allem durch Konzeptlosigkeit aufgefallen, so dass man angesichts des geradezu antizyklischen Gebarens schon wieder Vergnügen am Programm finden konnte. Nur, dass keiner wirklich zuguckte. Das war den Kapitalgebern, einer rätselhaften Capital Media Group Holding mit Sitz in Reno/Nevada, lange Jahre kein Problem.
Inzwischen aber hat der Franzose Claude Berda den defizitären Sender übernommen. Sein Unternehmen AB Groupe ist Frankreichs führender TV-Produzent und Lieferant für digitale Spartenkanäle. Nun also Terra Nova: Dokus und Magazine aus Flora und Fauna. Fünf Kinder hat Berda und, so beteuert der Franzose, der Erhalt des Planeten liege ihm daher am Herzen. Aber gemach, Geld verdienen will er natürlich auch. Und seinen Kabelplatz in NRW hätte er mit Onyx – eines von fünf Musikprogrammen – demnächst auch verloren. Appetit machen in Deutschland soll Terra Nova auf weitere Spartenkanäle aus dem Hause AB. Die Öko-Variante eines Türoffners, sozusagen.


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