»Markanter als das Rathaus«

Schutzraum, Kulturstätte, Gedenkort: Künstler kämpfen

für den Hochbunker in Ehrenfeld

»Von Festung zu Festung« hieß eine Ausstellung, die Ende Juni im Hochbunker an der Ehrenfelder Körnerstraße zu Ende gegangen ist. Das deutsch-italienische Kunstprojekt war nach zwei Jahren Pause wieder die erste kulturelle Veranstaltung, die an dem denkwürdigen Ort stattfand. Mit der Finissage der Ausstellung ist nun eine Diskussion um die künftige Nutzung des Bunkers entbrannt.
Seit 1987 fanden dort in unregelmäßigen Abständen immer wieder Konzerte, Lesungen und Ausstellungen statt. Lange hat die Feuerwehr als Eigentümerin des Bunkers die kulturelle Nutzung geduldet, doch nun beansprucht sie die Räume als Lager für Feldbetten und Rohre. Spontan gründeten daraufhin einige der an dem letzten Ausstellungsprojekt beteiligten Künstler eine Protest-Initiative. Ihnen ist die Tragweite der Diskussion bewusst: Schließlich geht es im Streit um die rein funktionale Nutzung des Bunkers auch um die generelle Bedeutung dieses Ortes und deren Vermittlung.
Der Ehrenfelder Hochbunker erinnert nicht nur an die Schutzbedürftigkeit der Bevölkerung während des Krieges, sondern auch an die Vernichtungswut der NS-Herrschaft. Denn der Bunker wurde 1943 dort erbaut, wo bis zu ihrer Zerstörung in der »Reichskristallnacht« 1938 die Ehrenfelder Synagoge stand – auf die heute nur noch ein kleines Wandbild hinweist.

Unklare Zukunft

Heute wird der dreistöckige Bunker-Bau für den Zivilschutz in Schuss gehalten. Der bunt bemalte, begrünte und von Wohnhäusern eingerahmte Betonklotz gewinnt dadurch wieder an Schrecken. In den ersten Nachkriegsjahren war er als Notunterkunft durchaus noch zweckdienlich, doch spätestens seit jenem 11. September 2001 kann man die Frage stellen, inwiefern der Bunker heute überhaupt noch Rettung bieten könnte. Was macht man also nun mit einem Bau, dessen Parallelexistenz als Schutzraum, Kulturstätte und Gedenkort erneut in Frage gestellt wird?
Die Bauaufsicht argumentiert pragmatisch. Bauliche Mängel wie etwa fehlende Notausgänge ließen keine Veranstaltungen zu. Das zu ändern wäre ein kostspieliges Unterfangen, an dem schon einmal die Übernahme durch die Stadt scheiterte. Die Feuerwehr hingegen meint, den Bunker künftig dringend als Lagerhalle zu benötigen. Immerhin, so heißt es, gebe es ja noch den Mülheimer Bunker, der als Kulturort allen zugänglich sei.
Doch im Gegensatz zu diesem hat der Ehrenfelder Bunker seit Kriegsende sein inneres Erscheinungsbild weitgehend beibehalten – was das bedeutet weiß jeder, der einmal einen Fuß in den wuchtigen Klotz gesetzt hat: Diese Abgeschirmtheit nach Außen, die Dunkelheit und der moderige Geruch des nackten Betons rufen eine solche Beklommenheit hervor, dass es kaum noch großer Worte oder Taten bedarf, um die Bedeutung dieses Ortes zu erfassen. Der am deutsch-italienischen Projekt beteiligte Künstler Josef Snobl empfindet den Bunker daher »als einen deutlich markanteren Raum als z.B. das Rathaus«.

Anspruchsvolle Herausforderung für Künstler

Dass im Hochbunker ausstellende Künstler gar nicht umhin kommen, auf die Atmosphäre zu reagieren, zeigte sich auch bei der vorerst letzten Ausstellung. Die Kunsthistorikerin Anke Blieschies betonte in ihrer Eröffnungsrede den Unterschied zu einem zurückhaltenden Museumsraum: »Völlig anders als der berühmte ›white cube‹ ist der Bunker für die hier ausstellenden Künstler eine anspruchsvolle Herausforderung, die jeder auf seine Weise angenommen hat.« So setzten einige den meterdicken Mauern des Bunkers bewusst zarte Materialien entgegen, andere näherten sich ihm auf inhaltlicher Ebene mit Themen wie Erinnerung und Menschenwürde. So auch Christa Manz-Dewald, die sich im Vorfeld über ein Jahr lang bemühte, eine Sondergenehmigung für das Projekt zu bekommen und im Bunker ausstellen zu dürfen.
Mit der Aura des Bunkers zu arbeiten war für sie und andere Künstler ein so prägendes Erlebnis, dass sie nun eine Initiative für den Bunker als Kulturforum starten. Mit einem Bürgerbegehren wollen sie erreichen, dass die Diskussion an die Öffentlichkeit getragen wird. »Dabei werden wir mit einer Unterschriftenaktion von unten anfangen«, so Manz-Dewald.
Der Ehrenfelder Bezirksvorsteher Josef Wirges (SPD) ist um ein »Gentlemen Agreement« bemüht, einen Kompromiss zwischen Feuerwehr und Künstlern, der eine nur teilweise Nutzung des Bunkers als Lagerraum vorsieht. Die restlichen Räume könnten dann für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Vielleicht hat die Initiative Glück – und das Thema reicht über die Kommunal- und Bezirkswahlen im September hinaus.


INFO
Die Unterschriftensammlung zum Erhalt des Bunkers beginnt Samstag, den 24. Juli beim Körnerstraßen-Fest. Weitere Informationen über Christa Manz-Dewald: ch.manz-dewald@gmx.de


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