Foto: Manfred Wegener

Die Gegner und ihre Kritiker

Eine internationale Biotechnologiekonferenz in Köln ruft

heftigen Protest hervor

Das EU-Moratorium bezüglich der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen und Lebensmittel wurde im Juli 2003 aufgehoben. Dies verleiht der landwirtschaftlichen Biotechnologie-Konferenz ABIC (Agricultural Biotechnology International Conference) zusätzlich Bedeutung und Brisanz. Seit 1996 stets in Kanada abgehalten, wird sie erstmals in Europa über die Bühne gehen: vom 12. bis 15. September in der Koelnmesse. Ihr Ziel ist, Wissenschaftler, Investoren, Industriemanager und Politiker an einen Tisch zu bringen. Zur begleitenden Fachmesse »ABIC Goes Europe« werden internationale Unternehmen und solche aus dem Kölner Raum wie aus Sachsen-Anhalt erwartet. Von dort haben sich auch Hochschulen angekündigt.

Information und Protest

Kritiker und Gegner sind auf den Plan gerufen. Am 12. September veranstalten Brot für die Welt, Misereor, BUND Köln, attac Köln und andere eine Alternativ-Konferenz im Maternushaus: Internationale Gäste halten Vorträge zu genmanipulierter Nahrung, Patenten und globaler Handelspolitik. Für den 13. September ist eine Protestaktion verschiedener Organisationen und Initiativen vor der Koelnmesse geplant. Am 15. September lädt die Junge Linke Köln zur Informationsveranstaltung »Gentechnik – Gefahr für Landwirtschaft und Lebensmittel« ins Naturfreundehaus Köln-Kalk ein.
Dass Köln die erste europäische Station der ABIC ist, mag mit daran liegen, dass die Kernregion der nordrhein-westfälischen Biotechnologie »BioRiver«, zu der Köln gehört, allein über 200 Unternehmen zählt. Sicher auch am Zentrum für Biowissenschaften der Universität, dessen Baukosten sich auf rund 100 Millionen Euro beliefen und in dem das Institut für Genetik untergebracht ist. Nicht zuletzt am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung, das bereits im Mai 1990 mit dem ersten deutschen Freilandversuch mit gentechnisch veränderten Organismen – 30.000 »modifizierte« Petunien wurden in Vogelsanger Erde gepflanzt – für Aufsehen und Aufruhr sorgte.

Schramma erfreut, die Grünen nicht

Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) stellte bei der Vorstellung der ABIC erfreut fest, dass die »Anstrengungen, Köln als international renommiertes Zentrum dieser jungen und zukunftsträchtigen Branche zu etablieren, erfolgreich waren.« Der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Harald Junge, zeigt sich wenig begeistert: »Wir sind grundsätzlich gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel. In Köln sind wir betroffen, da hier Pachtflächen der Stadt zur Verfügung gestellt werden könnten. Wir sind gegen Freilandversuche, bei denen die Gefahr von springenden Genen besteht, da sich gezeigt hat, dass deren Ausbreitungsgeschwindigkeit groß ist. Dann ist kein kontrollierter biologischer Anbau mehr möglich.« Dass auf städtischen Pachtflächen »auch künftig keine genmanipulierten Pflanzen angebaut werden«, fordert auch der BUND NRW in einem Appell vom 14. Juli.
Man sei am sachlichen Gespräch mit den Kritikern der Gentechnik interessiert, um mehr Transparenz zu schaffen, sagt Frank Kastenholz von Phytowelt, die die Konferenz organisiert. Angesichts prinzipiell geteilter Ansichten tut Transparenz durch erschöpfende sachliche Information not. Vor allem, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen: 62 Prozent der Befragten gingen nach einer »Eurobarometer«-Umfrage der EU im Jahr 2002 noch davon aus, dass im Gegensatz zu normalen Tomaten nur gentechnisch veränderte Tomaten überhaupt Gene enthalten.

Schüler dürfen fragen

Im Bemühen um größeres Verständnis in der Öffentlichkeit wird im Rahmen der ABIC am 12. September eine offene Podiumsdiskussion stattfinden. Unter dem Motto »Schüler fragen – Experten und Politiker antworten: Was geht uns Gentechnik an?« werden Schüler des Gymnasiums Kreuzgasse Fragen stellen können. Teilnehmen wird auch Klaus Ammann. Er ist Direktor des Botanischen Gartens der Universität Bern und zählt zu den prominentesten Kritikern der Gentechnikgegner. Den Delegierten der Konferenz wird er seinen Entwurf des »Biotech Manifesto« mit dem klaren Bekenntnis zur Gentechnologie im Rahmen normativer Vorgaben vorstellen.
Nicht an der Podiumsdiskussion, aber am weiteren Verlauf der ABIC nimmt Florence M. Wambugu aus Kenia teil. Die renommierte Virologin macht sich mit ihrer Organisation »African Harvest« für eine eigenständige afrikanische Biotechnologie-Agenda stark und ist Mitglied der »Hunger Task Force« der UN. Der Mehrzahl der Gentechnikgegner wirft sie vor, zum Beispiel die Reduzierung eingesetzter Pestizide zu übersehen und einen Kreuzzug zu betreiben, indem sie vom Verzehr gentechnisch veränderter Lebensmittel abrieten, ohne allerdings Alternativen aufzuzeigen.


Veranstaltungs-Infos
www.abic2004.org
www.biopartnerscologne.de
www.bioriver.de
www.bund-koeln.de
www.misereor.de
www.jungdemokratinnen.de
www.phytowelt.de

Allgemeine Infos
www.biosicherheit.de
www.transgen.de
www.verbraucherministerium.de

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