Nachtisch#31

Manch einer hat daheim keinen Steinofen. Was lästig ist, denn so muss man eine entsprechend ausgestattete Trattoria auf­suchen, um in den Genuss von Pizza zu kommen. Pizza? Genuss? Ja, derzeit eröffnen nämlich Lokale, die den italienischen Klassiker, der zur Fastfood-Matsche verkommen ist, in bestmöglicher Verfassung auftischen möchten. Dabei könnte das jedem Pizzabäcker gelingen. Die Rezeptur ist simpel. Man nehme: Weizenmehl, Oregano, gutes Olivenöl sowie sommerreife Tomaten für ein Sugo. Was aber geschieht? Alles wird mit weiteren Zutaten verhunzt. Pizza als Reste-Auflauf im Scheibenformat. Scheibenkleister.

 

Wird Käse beigegeben, droht ein Desaster. Immerhin ist die Bestellung von »Extra Käse« mittlerweile offenbar nicht mehr gesellschaftsfähig. Allerdings gilt nach dem Skandal um milchfreien Analogkäse schon als Schmecklecker, wer sich seine Pizza mit Mozzarella statt Gouda servieren lässt.

 

Dabei tendiert auch der — zumal nach gut 450 Grad Celsius im Ofen — aromatisch gegen Null. Einzige Eigenschaft dieses Nichts ist die schleimig-schmeichelnde Textur. Und die Pizza Margherita ist eben nicht die Originalversion, sondern beruht auf einem Gag: Mozzarella mit Tomaten und Basilikum als italienische Nationalfarben. Aber Vaterlandsliebe ist ein schlechter Koch. Und so wurde der Käse als Zutat legitimiert.

 

Viele gute Ideen stammen aus Amerika. Der aufgedunsene Pizzaboden, jener american style, der die Pizza wie eine überbackene Toastbrotscheibe schmecken lässt, gehört nicht dazu. Selbstverständlich muss der Boden dünn sein. Aber im Zentrum vieler Pizzen liegt ein Sumpfgebiet, das man besser mit dem Löffel als mit Messer und Gabel trockenlegt. Schuld ist neben handwerklicher Nachlässigkeit eben alles, was suppt: Thunfisch, Hackfleisch, Spinat. Wer will, soll das essen, doch dann steht ihm nicht an, über die drollige Touri-Pizza »Wursti e Krauti« oder Tex-Mex-Toppings die Nase zu rümpfen.

 

Gute Pizza ist einfach, sie ähnelt geschmacklich Focaccia. Alles, was zwecks Sättigung oder Angeberei hinzukommt — Venusmuscheln, Artischocken! — verdeutlicht nur wieder einmal, wie einfache Ideen zunichte gemacht werden, wenn man meint, sie verbessern zu
müssen.