Das dreckige Dutzend

Mischa Kuball stiftet Edition für ArchivKomplex

Seit am 3.3.2009 das Historische Archiv der Stadt Köln einstürzte, treibt das Thema auch Künstler um. Mischa Kuball, Professor an der KHM, hat letztes Jahr das 12. Nietenblatt für den kjubh-Kunstverein entworfen: »Nullify — das dreckige Dutzend« heißt die Edition. Zum 6. Jahrestag stiftet er jetzt die Restauflage.

 

Sie haben 2014 eine Ausstellung zum Thema organisiert und unterstützen die Initiative ArchivKomplex. Warum? Vom Einsturz ist das Gedächtnis der Stadt betroffen, wir alle, alle Bürger, alle erleiden einen Verlust! Die Umgangsformen mit einem solchen Trauma sind vielfältig, manche ducken sich weg, andere sprechen laut ihren Anspruch an die Stadt aus, wieder andere beobachten die Situation … ArchivKomplex mit Dorothee Joachim und Bea Brunner haben diese vielschichtigen Stimmungen gesammelt und gerichtet! Und: Wir sind als KHM Nachbarn — einige Studierende sind unmittelbar betroffen, ebenso Lehrende und Künstlerkollegen wie Marcel Odenbach, dessen Familienarchiv zerstört wurde. Da war es eine unstrittige Notwendigkeit gemeinsam zu »agieren« — die Edition ist nur ein sichtbares Zeichen der Kooperation, die sich auch in der Lehre und in weiteren Projekten an der KHM fortsetzt.

 

Die Aufarbeitung ist kompliziert. Was ist Ihr Eindruck, wie sich die »offizielle Seite« und private Initiativen zueinander verhalten? Die einen fordern Aufklärung und Ursachenforschung, die anderen suchen Antworten auf den Umgang mit dem Thema »kollektives Gedächtnis der Stadt Köln«. Restaurierung, Standortfragen, Baubeginn, Finanzierung stehen vom Tempo her deutlich im Widerspruch zu den Ansprüchen der Betroffenen. Die aufgeklärte Bürgerschaft drängt auf Lösungen — nicht auf Versöhnung, so lange die Forderungen ins Leere laufen.

 

Bei der Edition handelt es sich um ein Foto der Einsturzgrube mit Leerstellen — darf man die als »blinde Flecken« verstehen? Ja, es ist ein fast schwarz-weißes Bild auf silbrigem Karton, die Konturen einiger einfacher, eher banaler Gegenstände auf dieser Baustelle sind ausgestanzt — sie stehen für den Verlust im Kleinen, der möglicherweise für die katastrophalen Auswirkungen im Großen verantwortlich ist. Es zeigt auch die Abhängigkeiten der Dinge zueinander. Das Blatt wird dadurch labil. Aber die Idee von Blinden Flecken kann ich auch teilen.