Klicke-di-Klack

Spielerdrama: »Owning Mahowny« von Richard Kwietniowsky

Es gibt einen Brian-Molony-Tag in Atlantic City. Benannt nicht nach einem verdienten Würdenträger oder einem Säulenheiligen des lokalen Sports, sondern im Angedenken an einen Bankangestellten aus Toronto, der den spektakulärsten Fall von Unterschlagung in der Geschichte Kanadas begangen hat. Binnen zweier Jahre hinterzog Molony gut zehn Millionen Dollar, um sie im kleinen Grenzverkehr zwischen seiner bürgerlichen Existenz und dem Casino von Atlantic City zu verspielen. Die Casinobetreiber ahnten, woher ihr einträglicher Gast seine Einsätze bezog und rollten ihm gleichwohl den roten Teppich aus. Als der Schwindel aufflog, schloss die Aufsichtsbehörde diese Pforte zum Glück symbolisch für einen Tag: Den Brian-Molony-Tag.

Tür zur Psyche eines Besessenen

Es sind oft die kleinen Geschichten, die die großen Filme machen. Hinter Molonys Eintrag ins Kalendarium der Gedenktage öffnet sich nicht nur eine Tür in die Psyche eines Besessenen, sondern auch in einen Raum, in dem totes Kapital in einen erotischen Fetisch verwandelt wird. Richard Kwietniowski zeigt in »Owning Mahowny« wie beides zusammengeht, und damit ist ihm sechs Jahre nach »Love and Death on Long Island« wieder ein wundervoller Film über eine amour fou gelungen. Sein Protagonist, umbenannt in Dan Mahowny (Philip Seymor Hoffman), ist zugleich ein tragischer Held und eine allegorische Figur: Er ist der Süchtige, für den es keine Erfüllung gibt. Mit jedem Würfelwurf schiebt er die Kreditlinie der kollektiven Aufstiegsfantasie weiter hinaus, bei jedem Einsatz am Roulettetisch dreht sich auch das Tresorrad im Klicke-di-Klack der springenden Kugel.
So puristisch wie der ansonsten weitgehend lasterfreie Mahowny ist auch Kwietniowskis Inszenierung. Die künstliche Beleuchtung der Casinos perlt an der grauen Tristesse eines Mannes ab, der sich mit der Diskretion seines Berufsstands methodisch zu Grunde richtet. Doch gerade seine unauffällige Erscheinung macht ihn nicht nur in den Augen des Casinoleiters zu einer Schönheit: In seinem ausdruckslosen Gesicht können wir uns alle spiegeln. Am Ende beziffert der von seiner Sucht geheilte Mahowny den Nervenkitzel, den ihm etwas außerhalb des Spiels verschafft, auf 20 Prozent. »20 Prozent genügt«, sagt er seinem Therapeuten, und das Tragische daran ist, das Mahowny an seine Worte glauben muss, um weiterleben zu können.

Owning Mahowny (dto) KAN/GB 03, R: Richard Kwietniowski, D: Philip Seymour Hoffman, Minnie Driver, Maury Chaykin, 104 Min. Filmhaus: 15.-25.10.