Balkonballett

Das Sommerblut macht in Bocklemünd ein Hoch- zum Theaterhaus mit dreißig Mini-Bühnen

Dass Theater nicht mehr nur im im Stadtheater stattfindet, wo das wohl-situierte Publikum gut gepols-tert im Parkett oder auf Rängen sitzt, ist eine Entwicklung, die der Freien Szene gedankt ist und der Kulturgenese einer Stadt gut tut. Auch in Köln haben wir Gruppen, die draußen spielen. Buchstäblich: Katze und Krieg etwa, die beim Festival in »Money, Experince. Saticfaction. Now.« in der Kölner Innenstadt ihre Erfahrungen verkaufen, führen die Zuschauer schon lange auf die Straße.

 

Dass es darüber hinaus Projekte gibt, die sich aus der bürger-lichen Mitte, die sich heute in Städten im Zentrum den Wohnraum unter den Nagel reißt, in die Randbezirke bewegen — umso besser: In Bocklemünd macht Regisseurin Gaby Reinhardt gleich ein ganzes Hochhaus zum Schauplatz für ein außer-gewöhnliches Theater-Spektakel: am markanten dreier Block am Görlinger Zentrum veranstaltet sie das »Balkonballett Bocklemünd«. 

 

»Wir wollen den Scheinwerfer auf Bezirke richten, die im Allgemeinen negativ belegt sind, in denen allerdings viele Einwohner der Stadt Köln selbst noch gar nicht waren«, erklärt die Regisseurin ihre Idee. Jeden der dreißig Balkone an den Hochhäusern macht sie dafür zur Bühne. Dort werden Laien-Dar-steller, Stadtteil- und Hausbewohner stehen, gleichzeitig Theater oder Musik spielen, tanzen oder laut stricken. Von der Straße aus wird der Zuschauer zudem auf der Fassade riesige Video- und Bildinstallationen beobachten können. »Der Rhythmus zwischen den einzelnen, für sich stehenden Handlungen und der Gleichzeitigkeit der Eindrücke soll auffordern, genau hinzuschauen«, erklärt Gaby Reinhardt.

 

Gefunden hat sie ihre Darsteller auf der Straße, in Kirchen oder Bocklemünder Schulen, in Bürger- und Seniorenzentren. 2013 hatte Reinhardt ein »Balkonballett« schon einmal in ihrer Heimatstadt Chemnitz inszeniert. »Die starke Identifikation der Zuschauer mit dem Gezeigten hat uns bestätigt: Man muss Dinge genau dort thematisieren, wo sie stattfinden. Nur so kommt es zum Austausch!« Dieser Blickwechsel lohnt die Fahrt nach Bocklemünd allemal.