Pures Zeitvergehen, sehenden Auges

Mit Trisha Donnelly begeht die Stoschek Collection ein wunderbar verstörendes Ausstellungsjubiläum

 

»Close your eyes, open your mouth.« Douglas Gordons Wandtext empfängt die Besucher einer Sammlung, die sich vor allem bewegten Bildern widmet, den zeitbasierten Medien — Film, Video, Fotografie, Installation und Performance. »Close your eyes?...«. Ein paradoxer Vorschlag an diesem Ort: 1907 als Fabrik in Düsseldorf-Oberkassel errichtet, nahm hier genau hundert Jahre später die Julia Stoscheck Collection den Ausstellungsbetrieb auf, eine der besten Adressen für Videokunst und daran Angrenzendes. 

 

Basis all dessen ist die umfassende, konsequent auf ihr Thema konzentrierte Sammlung der 1975 geborene Julia Stoschek. Mit dem  Hinterhofhaus in der Schanzenstraße steht ein hochprofessioneller Rahmen — 2500 Quadratmeter Ausstellungsfläche, ein kleiner Kinosaal — für diese museale Ansprüche erfüllende Privatkollektion zur Verfügung. 

 

Wie die neun vorhergehenden, allesamt hochkarätigen Präsentationen entstand auch die Ausstellung »Number Ten: Trisha -Donnelly« in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin. Trisha Donnelly, 1975 in Los Angeles geboren, hat ihre titellose Ausstellung zu einer fast reinen Schausache gemacht. Konsequent hat sie alle üblichen Begleitmaßnahmen verbannt: keine Werklisten, kei-ne Beschriftungen, keine Belehrungen, keine Biografie, kein Katalog. 

 

Es gilt zu sehen, zuzusehen. Gezeigt werden neun stumme, sorgfältig in die Räume eingepasste Videoprojektionen, zwei Skulpturen, von denen eine gut versteckt in einem dunklen Gang platziert ist. Lediglich der feierliche, die Räume füllende Klang eines regelmäßig ertönenden Glockenspiels durchbricht die Stille. 

 

Es sind seltsame, faszinierende Stücke, von denen kaum zu sagen ist, was sie eigentlich zeigen. Wie mikroskopische Details mutet einiges an, wie koloristisch entgleiste Strukturen aus einem missbrauchten Chemiebaukasten. Anderes scheint vage technisch zu sein, aber durchsetzt von Kopierfehlern und anderen Irrtümern. Auch ist selbst nach längerem Zuschauen oft nicht klar, ob es Standbilder oder unendlich langsam ablaufende Prozesse sind. Wieder anderes ist wegen zu hohen Tempos nahezu unsichtbar. Vielleicht besteht ihr Sinn darin, Zeit mit ihnen zu verbringen oder vielmehr Zeit vergehen zu lassen und zu sehen, ohne etwas erkennen zu wollen. Also absichtslos, zweckfrei zu schauen. Open your eyes, close your mouth.