Ärger im Paradies

Vom Paradies kursieren ziemlich unterschiedliche Vorstellungen: Mal ist es ein Ort der Verführung und der späten Einsicht in die eigene prekäre Lage, mal ein Ort, von dem man vertrieben oder ausgeschlossen ist oder von dem man sich nach getaner Arbeit die Erfüllung gewisser Wünsche erhofft. Häufig erschließen sich paradie-sische Zustände erst retrospektiv, und so stellt Olaf Nicolai seinem Beitrag zur Gruppenausstellung »Ärger im Paradies« in der Bonner Bundeskunsthalle ein literarisches Zitat aus John Miltons »Paradise Lost« (1667) voran. 

 

In Anlehnung an die Idee vom Paradies als Garten nutzen viele der 14 Künstlerinnen und Künstler den Dachgarten der Kunsthalle: Sei es für eine noch kahle Laube mit schnell wachsenden Bohnen, die Petrit Halilaj als künftigen Rückzugsort imaginiert, sei es als Ausstellungsort für eine Minigolfbahn, die Ina Weber Erholungssuchenden zur Nutzung anbietet. Doch erweist sich das Freizeitvergnügen als zwiespältig, denn es müssen Hindernisse in Form von Miniatur-Ruinen verschiedener Gebäude umspielt werden. Die Flucht aus dem Alltag scheitert am Abbild der kruden Wirklichkeit. Im Eingangsbereich der Kunsthalle erwartet die Besucherinnen und Besucher ein anderes vergiftetes Geschenk: ein üppiges Blumenbouquet von Maria Loboda, dessen Bestandteile jedoch alle mit einer negativen Symbolik aufgeladen sind.

 

Konkreter auf aktuelle politische Konflikte verweisen Vajiko Chachkhianis »Missing Landscape«, verkohlte Bäume, die er als stumme Kriegszeugen aus Georgien nach Bonn getragen hat, und Christian Philipp Müllers »Observatorium«: ein vertikal ansteigender, begehbarer Pflanzcontainer mit formalen Anspielungen an indische Sternwarten, russischen Konstruktivismus und Land Art. Die Aufteilung der zehn Beete entspricht den prozentualen Anteilen der Top-Ten-Länder, aus denen 2014 Asylanträge für Deutschland gestellt wurden. In den Beeten wachsen Nutzpflanzen der jeweiligen Länder. Ein »Observatorium«, das über die Grenzen der Kunst hinausblickt in eine Realität, als deren Teil sich alle wahrnehmen können, die die Treppenstufen entlang der Beete hinaufsteigen.