D’r kölsche Citizen Kane

Zum Tod des Verlegers Alfred Neven DuMont

Er war einer der letzten deutschen Zeitungszaren. Von Politikern und Verbandsfunktionären umgarnt, mit Bundesverdienstkreuz und zig Ehrenfunktionen ge- und von den allermeisten Beschäftigten des Verlags M. DuMont Schauberg verehrt. Wer in seiner Ära beim »Dümong« angeheuert hatte, bekam eine Stellung fürs Leben. Wenn er nicht zu aufmüpfig wurde. Dieser Zeit trauerten die Mitarbeiter schon länger nach. Nun ist sie endgültig vorbei. Am 30. Mai ist Alfred Neven DuMont im Alter von 88 Jahren gestorben.

 

Über Jahrzehnte hat der Verleger in elfter Generation sein Medienhaus mit bisweilen großer Liebe zum Detail geführt. Sein Imperium regierte er mit patriarchalisch eiserner Hand. Keinen Hehl machte er aus seinem »Bemühen um Meinungsführerschaft«. Der Kölner Ehrenbürger verstehe es hervorragend, sich »im Spannungsfeld zwischen Pressemacht und -missbrauch zu bewegen«, konzedierte selbst einmal sein Hausblatt, der Kölner Stadt-Anzeiger (KStA).

 

Der Einfluss, den der kölsche Citizen Kane auf die Kölner Lokalpolitik hatte, war groß. Sie habe »ihn in ihrer Sehnsucht nach einer Vaterfigur bis zuletzt in Anspruch« genommen, vermerkte in seinem Nachruf Ex-KStA-Chefredakteur Franz Sommerfeld.»So wurde ihm die neue gemeinsame Spitzenkandidatin von Grünen, CDU und Liberalen früh zugeführt.«

 

Als Spross einer Kölner Verleger-Dynastie, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht, verwies Alfred Neven DuMont stets auf die lange Familientradition als vermeintlich unverwüstliches Bollwerk des deutschen Liberalismus. Schmallippig wurde er allerdings, wenn es um die Jahre zwischen 1933 und 1945 ging. Zu einer kritischen Aufarbeitung der eigenen Verlagsgeschichte fehlte ihm die Kraft. Die NSDAP-Mitgliedschaften seines Vaters Kurt und dessen Cousin August Neven DuMont, den damali­gen Firmeninhabern, fanden bis vor wenigen Jahren in verlagseigenen Publikationen keinerlei Erwähnung.

 

Stattdessen wurde Mythenbildung betrieben: »Mindestens zweimal in seinem Leben«, schrieb Alfred Neven DuMont über seinen Vater, habe dieser »Unrecht über sich ergehen lassen müssen«: »Zum ersten Mal, als er als überzeugter Demokrat und Liberaler nach 1933 schwer belastet durch sein Bemühen, bis zur letzten Minute das Unheil aufzuhalten, der neuen Be­­wegung ein Dorn im Auge war.« Und das zweite Mal, als ihm die Alliierten nach dem Krieg »ohne Berücksichtigung seines tatsächlichen Verhaltens« verboten hätten, weiter als Zeitungsverleger tätig zu sein.

 

Bei allen Widersprüchen: Alfred Neven DuMont war mit Leib und Seele ein liberaler und weltoffener Mensch. Als der Express 2002 ein rassistisches Titelbild mit Roma-Kindern veröffentlichte, distanzierte er sich kurz darauf in der eigenen Zeitung: Der Vorgang erfülle ihn »mit Trauer«. Unver­gessen bleibt sein Auftritt beim »Birlikte«-Fest im vergangenen Jahr, bei dem er die »Festung Europa« anprangerte und für die Unterstützung von Flüchtlingen warb: »Macht die Türe auf, lasst sie rein!«