Mehr Köln geht nicht: Felix-Rexhausen-Platz in spe | Foto: Manfred Wegener

Berührungsängste

Die Stadt zögert, einen Platz nach dem schwulen Journalisten Felix Rexhausen zu benennen

Es ist ein eher unscheinbarer Ort, auf der Nordseite des Kölner Hauptbahnhofes zwischen Breslauer Platz und Eigelstein. Ein paar Bäume und Nachkriegsbauten drumherum, wenige Meter weiter das letzte Travestie-Theater der Stadt, ein Asia-Markt und eine Brauerei. Mehr Köln geht nicht. Vielleicht genau der richtige Ort, um an Felix Rexhausen zu erinnern, den 1992 verstorbenen schwulen Journalisten und Schriftsteller. 1961 gründete der gebürtige Kölner gemeinsam mit Gerd Ruge und Carola Stern in seiner Heimatstadt die deutsche Sektion von Amnesty International. Seit 1998 würdigt der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) besonderes publizistisches Engagement bei der Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle mit dem Felix-Rexhausen-JournalistInnenpreis.

 

Am 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie, hätte der Platz zum Felix-Rexhausen-Platz werden sollen. Doch dann sagte die Stadt die Umbenennung kurzfristig ab. Im Online-Portal »Huffington Post« war ein Artikel des Autors David Berger mit Pädophilievorwürfen gegen Rexhausen erschienen. Zu heikel erschien Andreas Hupke, dem zuständigen grünen Bezirksbürgermeister, die Benennung in Zeiten der mühsamen Aufarbeitung der Vergangenheit seiner eigenen Partei. »Ich wusste ja nicht, wer David Berger war«, erklärt er.

 

Berger, der 2010 als schwuler katholischer Theologe mit dem Insiderbericht »Der Heilige Schein« bekannt wurde, wurde 2013 Chefredakteur des schwulen Magazins Männer. Seine konservativen Vorstellungen von Männlichkeit und seine als islamkritisch verkauften politischen Populismen führten zum vorübergehenden Ende der Kooperation des Heftes mit der Deutschen Aidshilfe und im Februar dieses Jahres zu seiner Entlassung. Berger schreibt in seinem Artikel über zwei Texte aus Rexhausens Geschichtensammlung »Berührungen« von 1969, in denen sexuelle Handlungen zwischen und mit Jugendlichen beschrieben werden, die Berger als Verherrlichung von Pädophilie interpretierte.

 

Der BLSJ verwehrte sich umgehend gegen den Vorwurf. Rexhausen entwerfe ein Spektrum schwulen Lebens in den 60er Jahren unter den Bedingungen der Repression — mit all ihren Schattenseiten, heißt es in einer Pressemeldung. »In keiner Weise wird hier Pädophilie verherrlicht. Bei den aktuellen Vorwürfen gegen Rexhausen werden offensichtlich einzelne Zitate aus ’Berührungen’ in denunziatorischer Absicht aus dem Kontext gerissen.«

 

Andreas Hupke will auf der nächsten Sitzung der Bezirksvertretung (BV) im August das Thema noch einmal ansprechen. Der Beschluss der BV Innenstadt, den Platz umzubenennen, habe aber weiter Gültigkeit, erklärt er. Ein anderslautender Beschluss sei nicht in Sicht.

 

Anfang Dezember soll Köln doch noch seinen Felix-Rexhausen-Platz bekommen. Bis dahin haben hoffentlich alle das vergleichsweise schmale Bändchen »Berührungen« auch gelesen.