Der Geschmack des Antikapitalismus: Magdalena Schmidramsl, Lars Lange, Hajo Niehl

Ackern gegen den Kapitalismus

Ein Feld, das allen gehört, von allen bewirtschaftet wird und alle ernährt:

Für die Initiatoren von »Kölner Kartoffeln« ist das die große Freiheit

Aller Anfang ist schwer. In diesem Fall 40 Tonnen. So viel Kartoffeln wachsen auf einem 1,4 Hektar großen Feld in Widdersdorf, das entspricht etwa zwei Fußballplätzen. Auf dem Feld sollen aber nicht nur Kartoffeln gedeihen, sondern auch Visionen: Die Idee der Stadtallmende. Land also, das allen gehört, von jedem bepflanzt, gepflegt und abgeerntet wird. Lars Lange, Mitarbeiter beim Eco-Institut Köln und Politaktivist, sowie Magdalena Schmidramsl, Soziologiestudentin, haben sich mit dem Bauern Hajo Niehl zusammengetan und das Projekt »Kölner Kartoffeln« ins Leben gerufen. Damit möchten sie zeigen, was eine Allmende in der heutigen Zeit bedeuten könnte.

 

Niehl, der sich mit dem Anbau von Kartoffeln auskennt, übernimmt die komplette landwirtschaftliche Arbeit des Projekts. Was dann passiert, nennt Lange »solidarische Ökonomie«. Kartoffeln mit den schönen Namen Belana, Laura und Annabelle gibt es zu günstigeren Preisen, als sie sogar die »Lebensmittel-Multis« bieten können: KölnPass-Inhaber zahlen 30 Cent pro Kilo, wovon der volle Betrag an den Bauern geht. Von den 50 Cent, die jeder Andere zahlt, bekommt er zehn Cent mehr. Die restlichen zehn gehen an soziale Projekte. Der Verkauf der Kartoffeln geschieht also auf ehrenamtlicher Basis. Auch beim Anbau soll das irgendwann gelingen. Dazu wären wohl 20 Leute nötig, die das Feld komplett von Unkraut befreien und die sonstige Pflege übernehmen können.

 

Doch ein Problem bleibt bei der Allmenden-Idee: Es gibt kein Land, das niemandem gehört. Und so wird sich zunächst wohl nichts daran ändern, dass Projekte wie die »Kölner Kartoffeln« auf dem Land von Bauern stattfinden. Dennoch könnte es ein Anfang sein, um das Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln zu schärfen. Magda Schmidramsl betont: »Es ist ein sehr großes Bedürfnis bemerkbar, einen Bezug zum Bauern und zu biologisch angebauten Lebensmitteln zu gewinnen.« Und das im großen Stil —  deswegen ist das Projekt nach Meinung der Initiatoren auch nicht vergleichbar mit dem bereits beliebten Urban Gardening. Denn abgesehen davon, dass Schmidramsl und Lange selbst noch kein »Gardening« betreiben — die Kartoffeln könnten für viele Menschen als Grundnahrung dienen. Dass man bislang noch Geld für seine Existenzsicherung benötigt, darin sieht Lange den Grund für die Abhängigkeit und Unfreiheit des Menschen. Er ist sich sicher: »Die Geburtsstunde des Kapitalismus ist der Raub der Allmende.«

 

Doch bevor die Kartoffel-Revolution ausbricht, lautet das Ziel für das nächste Jahr, eine größere Vielfalt an Gemüse anzubauen, idealerweise mit eigenem Saatgut. Anbau nach biologischen Richtlinien und ohne Düngemittel von Tieren würde den »Kölner Kartoffeln« das Siegel Biovegan verpassen. Und natürlich wünschen sich Schmidramsl, Lange und Niehl, einige Mitstreiter ins Projekt zu holen. Wenn auch das Argument mit dem Unkraut jäten nicht gerade das Verlockendste ist.