Austauschbare Architektur? Siegerentwurf fürs Antoniterviertel | Foto: Dörthe Boxberg

»Evangelisches Schaufenster«

An der Schildergasse entsteht das Antoniterquartier. Das Areal zwischen der Kirche und dem Weltstadthaus wird komplett neu bebaut

Der Kirchhof diente in früherer Zeit, so das Grimmsche Wörterbuch, als Versammlungs- und Sammlungsplatz, aber auch als »Asyl für Verfolgte«. Das heutige »Kirchenasyl« zehrt von dieser Tradition. Das neue Antoniterquartier um die gleichnamige evangelische Kirche an der Schildergasse soll gleich zwei Kirchhöfe erhalten. Die Gemeinde hatte einen Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den der Entwurf des Büros Trint + Kreuder d.n.a. aus Köln gewann. Für den Neubau werden das Café Stanton, das Gemeindezentrum und der Wohnblock an der Antoniterkirche abgerissen. Das zukünftige Antoniterquartier hält Abstand zur Kirche und so entsteht an deren Südflanke ein  erster geräumiger Platz. Unter einer Art Gebäudebrücke hindurch erreicht man dann den zweiten, intimeren Kirchhof, der von drei Gebäuderiegeln in unterschiedlicher Höhe gesäumt wird. Diese Folge von Offenheit und Intimität ist das große Plus des eher durchschnittlichen Entwurfs von Trint + Kreuder, für den die alte Bebauung an der Antoniterstraße weichen.

 

Die Jury spricht von einer »zurückgenommenen Gestaltung«. Zum Weltstadthaus grenzt sich der Bau allerdings mit einem mächtigen sechsgeschossigen Riegel ab, dessen Höhe den Durchgang zum Kaufhofparkhaus zur Schlucht verengt. Die großen Fensterflächen der Gastronomie im Erdgeschoss dürfen den beengten Eindruck etwas abmildern. Ein zweiter Durchgang vom intimen Kirchhof zur Antoniterstraße bietet eine Alternative.

 

Was bei diesem Wettbewerb am meisten überrascht: die Austauschbarkeit der Architektur. Fast alle Entwürfe, die in die engere Wahl kamen, könnten auch als Bauten für Verwaltung, Versicherungen oder Gewerbe durchgehen. Das neue Citykirchenzentrum sieht zwar eine solche Nutzung vor, und die Evangelische Kirche hat bei dem rund 20 Mio. Euro teuren Bau penibel die 6500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche in (Miet-)Einnahmen umgerechnet. Doch den Architekten ist es offenbar gleichgültig, ob sie für die Allianz, für Fielmann oder die Evangelische Kirche entwerfen. Das »evangelische Schaufenster«, das Pfarrer Markus Herzberg sehen möchte, ist mehr Schaufenster als evangelisch. Die Identität müsse die Kirche bringen, sagte Hermann Ulrich zu Recht bei der Vorstellung der Entwürfe. Der Projektentwickler vom Büro Ulrich Hartung aus Bonn, der normalerweise erst in der Bauphase hinzugezogen wird, leitete von Beginn an die Diskussionen über den Bau in den Kirchengremien. So konnte nach 18 Monaten ein Architekturwettbewerb mit klaren Anforderungsprofilen ausgeschrieben werden. Ob sich das am Ende auch in der Bauzeit — Einweihung soll 2020 sein — und den Kosten niederschlägt, bleibt die spannende Frage.