Flagge »NeoLebeRealismus«, 2015

Satire vs Neo­liberalismus

Wie sich das anonyme Künstlerduo Desearch Repartment die Wirrungen des Systems zunutze macht

Warum der Kunstform der politischen Satire so oft das Schicksal beschieden ist, auf den Bühnen komödiantischer Theater und in Form immergleicher ironischer Anprangerung zu verkümmern, ist ein trauriges Rätsel. Ein Grund liegt wohl darin, dass der Neo­liberalismus und seine Mechanismen der Ausbeutung derart raffiniert sind, dass es schwierig ist, der Realität eine ihr ebenbürtige Karikatur entgegenzusetzen.

 

Eine, die es vermag, wesentliches zu entlarven. Das anonyme Künstlerduo Desearch Repartment (DR) setzt sich in diese Lücke und begegnet der Sache mit einer Satire, die unmissverständlich in ihrer Kritik ist, sich auf dem Weg dahin aber formal und konzeptuell an den Wirrungen des Systems orientiert. DR trainierte sein Publikum in der Vergangenheit mit Workshop-Performances im systematischen Ja-Sagen oder versprach dem mit seiner grenzenlosen Freiheit überforderten Bürger Abhilfe durch »Creative Prison Solutions«.
Der infiltrierende Ansatz des Projekts spiegelt eine reale Entwicklung: Infolge einer beidseitigen Annäherung zwischen Kunst und Wirtschaft hat sich die Kunstwelt zum einen ohnehin zum Markt gemacht, zum anderen kokettiert die Unternehmenskultur seit längerem mit einem vermeintlich freien kreativen Klima. Dass die Veränderungen in den Unternehmen nur oberflächlich stattfinden, wird immer deutlicher, je tiefer man die Produktionskette hinabsteigt. DR zeigt im präzisen Gegensatz dazu, wie man eine feindliche Übernahme angehen muss, wenn man es ernst meint.

 

Unter dem Motto »Schneller denken, weniger sterben« wird DR ab Mitte November für einen Monat in der Akademie der Künste der Welt ihr »Institute for Durational Futures« einrichten und uns das unwiderstehliche Angebot machen, unsere Leben auf den neuesten Stand zu bringen. Aufbauend auf unserem »Social-Media-Wertesystem« sollen wir lernen, »mit kulturellem Kapital Geschäfte zu tätigen«, um gleichzeitig »auf authentische Weise Kreativität zu kolonisieren«. Wenn das Leben nach dieser Kur nicht genauso gut funktionieren sollte wie der Neoliberalismus selbst, dann müsste es schon mit dem Teufel zugehen!